„Soziale Mimikry“: Warum wir Menschen unbewusst nachahmen
Wenn wir Zeit mit Menschen verbringen, kann es sein, dass wir unterbewusst deren Gestik und Mimik nachahmen. Viele haben es vermutlich selbst schon erlebt. Kommt eine Person uns mit einem strahlenden Lächeln entgegen, so erwidern wir dieses ganz automatisch. Soziale Mimikry liegt in unserer Natur. Aber warum verhalten wir uns so?
Soziale Mimikry ist das Phänomen des Nachahmens. Der Begriff stammt aus der Biologie und beschreibt das Anpassen diverser Tierarten an ihre Umwelt. Manche Tiere, wie das Chamäleon, ahmen ihre Umwelt oder Artgenossen nach, um sich zu tarnen. Andere verschaffen sich einen Vorteil während des Balzens oder versuchen, gefährlicher zu wirken als sie tatsächlich sind. Auch wir Menschen ahmen Gesten, Verhaltensweisen, Körperhaltungen oder Gesichtsausdrücke unserer Mitmenschen nach. Dabei handelt es sich meist um keine bewusste Entscheidung, sondern das Nachahmen läuft automatisch und unbewusst ab. Und dennoch kann soziale Mimikry einen entscheidenden Vorteil darstellen.
Beziehungen stärken durch Mimikry
Psychologische Studien legen nahe, dass Menschen Mimikry als unbewusste Strategie nutzen, um zwischenmenschliche Beziehungen zu anderen aufzubauen und zu festigen. Die Mimikry dient dazu, sich einander anzunähern, um sich dadurch besser zu verstehen. Eine Studie stellte bereits 1987 heraus, dass in gut funktionierenden Partnerschaften eine hochadaptive Form von Mimikry besteht. Paare gleichen sich stärker und sehen ähnlicher aus, je länger sie zusammen sind. Die Nachahmung unterscheidet sich je nach Qualität der Beziehung. Paare in gut funktionierenden Beziehungen ahmen traurige Gesichtsausdrücke stärker nach. Die Mimikry der Trauer kann als Zeichen von Empathie und Mitgefühl die Beziehung stärken. Umgekehrt tendieren Paare in gut funktionierenden Beziehungen bei mit Ärger verbundenen Emotionen dazu, gegenteilige Gesichtsausdrücke (zum Beispiel ein Lächeln) zu erwidern.
Nachahmen macht Freu(n)de
Wie wirkt sich unbewusstes Nachahmen von Gestik, Mimik und Körperhaltung auf das Kennenlernen aus? Dieser Frage gingen Wissenschaftler*innen der Universitäten Berlin und Leipzig nach. Das Ergebnis: Wer andere beim Kennenlernen nachahmt, macht sich beliebt – zumindest innerhalb des eigenen Geschlechts. Ist der erste Eindruck des Gegenübers sympathisch, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir diese Person nachahmen. Umgekehrt gibt die Mimikry der imitierten Person das Gefühl, gemocht zu werden. Das führt dazu, dass die nachahmende Person als sympathischer wahrgenommen wird. „Durch Mimikry teilen wir unbewusst mit, dass wir jemanden mögen und können damit unsere eigene Beliebtheit steigern“, sagt Maike Salazar Kämpf von der Freien Universität Berlin. Wer ohnehin schon Sympathie empfindet, lässt sich stärker auf sein Gegenüber ein. Unbewusstes Nachahmen kann somit helfen, Bindungen zu Menschen aufzubauen. Es gibt sogar Menschen, die diesen Effekt bewusst für sich einsetzen.