„Soziale Mimikry“: Warum wir Menschen unbewusst nachahmen
Der Chamäleon-Effekt
Soziale Chamäleons sind Menschen, die andere besonders häufig nachahmen. Sie setzen die Fähigkeit bewusst ein, um zu gefallen, sympathisch zu wirken und dadurch Vorteile zu erlangen. „Mimikry ist eine spontane Verhaltensweise, durch die wir anderen ähnlicher werden“, erklärt Maike Salazar. „Vielleicht fühlt sich unser Gegenüber dadurch mit uns verbundener.“ Das Nachahmen wird insbesondere in den USA sogar als Verhörtechnik gelehrt und regelmäßig angewendet. Denn es wird angenommen, dass Befragte die Nachahmung als angenehm und wohlwollend wahrnehmen. Im Idealfall ist die Folge ein umfassendes Geständnis.
Leichter zu täuschen
Aber soziale Mimikry hat auch Nachteile. Wissenschaftler*innen der Uni Leiden im niederländischen Enschede fanden heraus, dass Menschen, die andere nachahmen, leichter getäuscht werden können. In dem Versuch wurden die Testpersonen mit verschiedenen Menschen konfrontiert, die entweder die Wahrheit sagten oder logen. Während eine Hälfte der Versuchspersonen normal zuhörte, sollte die andere Hälfte die Personen nachahmen. Dabei konnten die nachahmenden Proband*innen die lügenden Personen viel schlechter entlarven als diejenigen, die nur zuhörten.
Obwohl Mimikry ein automatisch und unbewusst ablaufender Prozess ist, hat sie viele positive soziale Konsequenzen. Wir können beim Kennenlernen anderer Menschen Sympathiepunkte sammeln und bestehende Beziehungen festigen. Für Polizist*innen kann das bewusste Einsetzen der Mimikry unter Umständen sogar ein Geständnis erleichtern. Genauso kann Mimikry in gewissen Situationen kontraproduktiv sein. Wollen wir zum Beispiel unsere*n verärgerte*n Partner*in beruhigen oder eine*n potenzielle*n Lügner*in identifizieren, heißt es: Finger weg von Mimikry.
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Bildquelle: Foto von Anastasia Shuraeva via Pexels ; CC0-Lizenz