Gangsta-Rap fördert Juden- und Frauenfeindlichkeit
Eine neue Studie hat eine lange Vermutung nun bestätigt: Gangsta-Rap ist der Nährboden für antisemitische sowie frauenfeindliche Einstellungen bei den Hörer*innen. Das umstrittene Musikgenre gerät dadurch noch mehr in Verruf. Doch was genau konnte die Studie feststellen und was davon ist nun auf das gesamte Genre übertragbar?
Die Universität Bielefeld hat eine Studie zu der „Suszeptibilität von Jugendlichen für Antisemitismus im Gangsta-Rap und Möglichkeiten der Prävention“ erhoben, deren Ergebnisse im September publiziert werden. Letzte Woche wurden vorab die ersten Ergebnisse veröffentlicht: „Die Studie belegt erstmalig empirisch, dass Gangsta-Rap den Nährboden für spätere verfestigte antisemitische Einstellungen bereitet“, so die nordrhein-westfälische Antisemitismusbeauftragte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.
Grund der Studie war unter anderem die zunehmende Bedeutsamkeit des deutschsprachigen Gangsta-Raps für die Jugendkultur sowie der enorme Erfolg des Rap-Genres, das hauptsächlich von männlichen Künstlern geprägt ist, die sich oftmals an „antisemitische[n| Motive[n] und Narrative[n]“ bedienen und eine „meist hypermaskuline und misogyne Selbstinszenierung […]“ aufzeigen, wie es in der Beschreibung der Studie lautet. Die Künstler*innen erreichen Millionen von Jugendlichen und das nicht nur über ihre Musik, sondern auch über ihre Social-Media-Präsenz. Die Studie soll daher erstmals die Wirkung und den Einfluss auf die Wahrnehmung und das Denken von Jugendlichen durch Gangsta-Rap nachweisen. Denn für die Beobachtung, dass Gangsta-Rapper*innen „in ihren Liedern, Musikvideos und Stellungnahmen in sozialen Netzwerken seit einigen Jahren sexistische und antifeministische Rollenbilder, autoritäre Moral- und Gesellschaftsvorstellungen sowie verschwörungsideologische und antisemitische Interpretationen globaler Herrschaftsverhältnisse“ aufzeigen, konnte bisher von Forschern kein negativer Effekt auf Konsument*innen belegt werden.
Wie war die Studie aufgebaut?
Um diese Annahme der Forschung beweisen zu können, wurde die Studie in drei aufschlussreiche Studienteile aufgeteilt: In der Pilotstudie wurde über Einzelinterviews ein Leitfaden entwickelt, der im zweiten Studienteil für die Einzelinterviews und Gruppendiskussionen angewendet wurde. Im letzten Teil der Hauptstudie wurden dann 500 Personen im Alter zwischen 12 und 24 Jahren in NRW über einen Online-Fragebogen zum Gangsta-Rap-Konsum (Präferenzen und Hörgewohnheiten) befragt sowie deren Text-, Bild- und Videointerpretation erfragt. Darüber hinaus wurden auch soziodemografische Merkmale, Bildungsgrad, Angaben zum familiären Wohlstand sowie Formen der Mediennutzung und Medienkompetenz erhoben. Außerdem konnte durch das Forschungsdesign die Einstellung zu Chauvinismus, Hypermaskulinität, Gewalt und Ungleichheit erhoben werden.
Doch welche Auswirkungen konnten nun wirklich festgestellt werden?
26,5% der befragten Kinder und Jugendlichen konnte eine sehr starke judenfeindliche Haltung nachgewiesen werden. Auffällig dabei war eben, dass von dieser Gruppe über 80% angegeben haben, gerne oder sehr gerne Gangsta-Rap zu hören. Jedoch haben eben diese die antisemitischen Symbole, Andeutungen und Codes in den Texten und Videos von Rappern oftmals gar nicht als solche erkannt. Von den 36,5% der Befragten, die als nicht antisemitisch eingestuft wurden, gaben „lediglich“ die Hälfte an, gerne oder sehr gerne Gangsta-Rap zu hören. Es wird also zum einen deutlich, dass nicht alle Gangsta-Rap-Hörer*innen die gleiche Einstellungen teilen oder entwickeln, zum anderen zeigt sich, dass diejenigen, die eine antisemitische Haltung vorweisen, nur bedingt mit den dazugehörigen bildlichen und sprachlichen Codes vertraut sind.