Für viele bedeutet ein Studium nicht, die Zeit seines Lebens zu haben. Bild: Unsplash

Studium: Die Zeit deines Lebens? – Ein Kommentar

Am Ende bleibt die Frage: Was lässt sich tun? In unserer Gesellschaft scheinen sich keine wesentlichen Veränderungen abzuzeichnen – im Gegenteil. Inflationär genutzte Modewörter wie „High Performer” stehen stellvertretend für die Ansprüche, mit denen angehende Akademiker*innen Tag für Tag konfrontiert werden. Daher liegt es auch an uns selbst, für die gewünschten Umbrüche einzustehen. Der erste Schritt dahin ist die Abkehr von der Romantisierung karriere- und konkurrenzorientierter Lebensläufe, ein Symptom, welches den typischen Studierenden im Laufe seiner*ihrer Ausbildung mindestens einmal befällt. Nur weil derartige Entwürfe als Ideal propagiert werden, müssen wir ihnen nicht Folge leisten. Wie schon der griechische Philosoph Epikur zu sagen pflegte: Schlimm ist der Zwang, doch es gibt keinen Zwang, unter Zwang zu leben. Ein gutes Leben und berufliche Selbstverwirklichung sind auch ohne Spitzenposition möglich, auch wenn das bedeutet, andere ganz bewusst an sich vorbeiziehen zu lassen. Diese Fähigkeit müssen viele von uns erst wieder erlernen.

Trotz allem reicht es letztendlich nicht aus, lediglich die eigenen, inneren Konflikte beizulegen. Auf dem Weg zu weniger finanzieller, zeitlicher und emotionaler Belastung und damit auch zu mehr Bildungsgerechtigkeit brauchen wir eine gemeinschaftliche Offensive, die die Stimmen der Studierenden nach außen trägt und somit auch für politische und rechtliche Veränderungen kämpft. Es gilt, den Verantwortlichen ein Stück weit bewusst zu machen, dass wir unter solchen Zuständen nicht länger lernen und arbeiten werden. Irgendwann werden wir uns die Partys und Wochenendausflüge zurückgeholt haben, den Nebenjob an den Nagel hängen und uns dank ausreichender Erholung und Unterstützung wieder voll und ganz auf unser Studium konzentrieren können. Bis dahin ist es ein langer und beschwerlicher Weg – doch er wird sich lohnen, nicht nur für uns, sondern auch für die Generationen, die nach uns folgen werden.

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Bildquelle: Simon Maage von Unsplash; CC0-Lizenz