Selbstversuch: Wie erschreckend einfach es ist, einen Sugar Daddy zu finden

Die Rechnung scheint also wie folgt zu lauten: Eine gut aussehende und junge Frau trifft auf einen Mann, dessen einzig zwingendes Merkmal „reich“ ist. Daraus folgt dann eine Beziehung, die auf Geld und Geschenken beruht. Unter den essentiellen Dingen, die jedes „Sugar Baby“ immer bei sich tragen sollte, ist nicht umsonst ein portables Kreditkartenlesegerät, das sich ganz easy an das eigene Smartphone anstecken lässt. Für den kleinen „Sugar“ zwischendurch.

“Verhandelbar“

Für uns ist es glücklicherweise möglich Sugar-Babies und Daddies zu verurteilen, denn die Kosten für eine anständige Ausbildung in Deutschland halten sich in Grenzen. Auch das Finanzierungssystem ist ausgereift genug, dass es Studenten davor bewahrt ihren Körper zu verkaufen. Ähnlich ausgereift ist auch die Finanzierung bei SeekingArrangement.com: Von einem bescheidenen „Verhandelbar“ bis zu einem stolzen Betrag von 8000 Euro im Monat können sowohl Sugar Baby, also auch Sugar Daddy als gewünschtes Honorar angeben. Ich habe mich für “Verhandelbar“ auf meinem stilvollen Profil entschieden und vermute, dass auch deswegen die Anfragen nur so herein rauschen.

Während sich der Posteingang, der von mir erfundenen Person also füllt, kann ich ohne Premium Account nicht mal auf die Nachrichten zugreifen. Männer mit viel versprechenden User Namen sind interessiert – ich müsste lügen, wäre ich nicht auch interessiert zu wissen, was in den ungeöffneten Nachrichten steht.

Das Cinderella-Prinzip

Dass hinter der ganzen Sache eine ganze einfache Formel steckt, erklärt Brook Urick, ein ehemaliges „Sugar Baby“ und Betreuerin des „Let’s talk sugar“-Blogs: Es ist das Cinderella Prinzip. Die kleine Hoffnung, dass irgendwann doch der Traumprinz (reich und gutaussehend) kommt und dich rettet. Schon kleinen Mädchen wird das Konzept des männlichen Versorgers, der für dich sorgen kann, als ganz großer Traum verkauft. Auch der Gründer der Seite Brandon Wade ist der Meinung, dass die wahre Liebe etwas für arme Schlucker ist. Er findet: „love is a concept made up by poor people“.

Unmoralisch und menschenfeindlich – zu einfach ist es, das Sugar-Prinzip als genau das abzustempeln. Zumindest in einem Land, das dafür sorgt, dass keiner von uns sich einem „Sugar Daddy“ hingeben muss, wenn er es denn nicht möchte. Der bittere Beigeschmack wird aber von den Betreibern des „Let’s talk sugar“-Blogs selbst in die klebrige Suppe aus Versprechungen und teuren Geschenken geworfen. Sie versalzen einem das schön zurechtgelegte Bild gehörig mit Beträgen, die jegliche weibliche Selbstachtung mit Füßen treten. Feminismus scheint bei Sugar Babies nur eine untergeordnete Rolle zu spielen.

Das Leben der Anderen