Genre Guide: Was ist eigentlich Alternative Rock?
Dreckiger, rauer, unsauber.
Beatsteaks: „Das Bandleben ist wie eine Ehe, in der man sich auch zofft“
Text: Carina Neumann, Fotos: Antonia Meißner Sie sind laut, sie sind frech, sie sind Urgesteine der deutschen Musikgeschichte und dabei doch irreversible Lausbuben: die Beatsteaks. Sie haben mit Hits wie „Hello Joe“ oder „Gentlemen of the Year“ nicht nur ein Stück deutsche Musikgeschichte geschrieben, sondern sind durch ihre tollkühnen Bühnenshows und ihre fortwährend rekordverdächtigen Ohrwurm-Fabrikationen selbst zu einem Meilenstein deutscher Alternative- und Rockmusik mutiert. Dabei haben sie es weit über die Grenzen der Bundesrepublik hinausgeschafft. 20 Jahre lang steht das fünfköpfige Gespann nun schon in fast unveränderter Besetzung auf der Bühne – zu ihren Anfängen steckten die meisten von uns noch in den Kinderschuhen. Mittlerweile haben die meisten Beatsteaks selbst schon Kinder, doch das hindert sie keineswegs daran, den berüchtigten Hecht ins Publikum zu machen, in schrägen Kostümen die Bühnen zu erobern oder in ihren Videoclips einfach herrlich albern den Clown raushängen zu lassen. Die Beatsteaks nehmen sich eben selber nicht so ernst. Oder, um es mit den Worten des Sängers Arnim zu beschreiben: „Nieder mit der Schwerkraft, es lebe der Leichtsinn“. Momentan sind die Berliner Schnauzen auf ihrer 20-jährigen Jubiläumstour. Wir trafen den Gitarristen, Zweitsänger und Keyboarder Peter Baumann backstage auf dem Sziget Festival. Ein schwüler Sommertag neigt sich seinem Ende zu und hinterlässt uns nach Sonnenuntergang noch immer flotte 33 Grad. Die Beatsteaks sind begehrt – vor dem Interviewzimmer herrscht Gemurmel und allgegenwärtiges Klicken der letzten Kamera-Einstellungen. Alle stehen Schlange. Jedes Mal wenn die Tür einen Spalt weit aufgeht, wandern die Blicke erwartungsvoll auf die Managerin des Sziget: „Zeitjung?“ wir sind die nächsten. Fünf Minuten haben wir mit Peter. Er trägt kurze Jeans, Tattoos und ein breites Grinsen. ZEITJUNG.de: Hallo, wie geht’s dir? Ist dir auch so heiß? Puh, und wie! Das ist echt verrückt! Aber sonst geht es mir blendend. Und euch? Bestens, danke. Du darfst ein bisschen brainstormen: 20 Jahre Beatsteaks sind 20 Jahre voller ...? ... überraschender Momente, voller erfüllter Träume, von denen man gar nicht gedacht hatte, dass sie mal erfüllt werden, voller Ups and Downs und voller Stolz, dass wir schon so lange dabei sind und es noch immer so toll funktioniert und so viel Spaß macht. Also alles mit dabei. Das ist wie eine Ehe, in der man sich auch mal zofft – manche trennen sich, aber wir sind zusammen geblieben. Klingt nach einer richtigen Familie. Ja, und genau so muss das sein. Musik machen ist das eine, aber für uns ist das ja auch unser Job. Wir sehen uns montags bis freitags im Proberaum, und wenn man so viel Zeit miteinander verbringt, muss man einen guten Weg finden, miteinander auszukommen. Sind auch noch weitere 20 Jahre drin? Na, das hoffe ich aber! (Lacht) Sehr gut! Was hat sich in den letzten 20 Jahren bei euch verändert und was wird sich wohl nie ändern? Also, die Charaktere werden sich glaube ich nicht mehr großartig ändern, wir sind so, wie wir sind. Und die Band-Chemie wird sich hoffentlich auch nie ändern. Da passen wir eigentlich immer schön drauf auf. Aber ansonsten ist natürlich auch viel passiert. Die meisten von uns sind mittlerweile Eltern, und das unter einen Hut zu bringen, macht total viel Spaß. Ich dachte früher immer, das geht nicht. Entweder man spielt in einer Rockband, oder man ist Vater. Aber es geht. Da bin ich der festen Überzeugung. Und es macht wirklich großen Spaß. Von daher: Die privaten Einflüsse finden wiederum Zugang zur Musik. Irgendwo müssen die Gefühle und die Inspiration ja herkommen und das Familienleben ist da auf jeden Fall eine Quelle, aus der wir schöpfen, um Musik zu machen. Verstehen sich eure Frauen und Kinder untereinander auch so gut? Ja, die kennen sich auch alle gut. Klar, wir sind keine Tour-Truppe und nehmen alle unsere Frauen und Kinder mit. Das ist nicht unser Ding. Wir fahren weg und kommen wieder nach Hause. Das ist natürlich manchmal ganz schön hart. Wenn man länger unterwegs ist, vermisst man seine Kinder und seine Frau schon sehr. Aber es gibt ja auch Skype und so weiter und dann kann man sich auch mal unterhalten. Das ist zwar nicht dasselbe, aber immerhin etwas. Früher ging es gar nicht und heute erlauben einem die Medien zumindest, in Kontakt zu bleiben. Im Moment seid ihr auf Jubiläums-Tour. Ein schönes Gefühl, oder? Absolut! Wir nehmen alles mit – große und kleine Bühnen, Clubs, Festivals, da ist alles dabei. Die Tour war unser eigenes kleines Geschenk an uns selbst. Wir wollten nicht nur ein großes Jubiläums-Konzert schmeißen, sondern das ganze Jahr über lauter Sachen auf unserer Tour mitnehmen, die uns Spaß machen. Das macht ihr goldrichtig! Hier auf dem Sziget seid ihr heuer auch schon das vierte Mal. Habt ihr ein Ritual, bevor ihr da später rausgeht? Ja, aber das verrate ich natürlich nicht (lacht). Schade! Ja, das ist ein Betriebsgeheimnis! Aber eines kann ich euch trotzdem verraten, der Ablauf ist immer derselbe. Jeder kann vor den Konzerten machen, was er will, aber dann treffen wir uns alle immer mindestens eine Stunde davor und hängen zusammen rum. Dann hören wir Musik, ziehen uns um und singen uns warm, damit wir mit demselben Kopfgefühl auf die Bühne gehen. Oh, ich habe gerade schon den Zeigefinger der Managerin gesehen. Letzte Frage: Welcher Blödsinn bringt dich so richtig zum Lachen? Wir müssen eigentlich jeden Tag mindestens ein Mal richtig doll lachen. (Bei diesem Satz lacht Peter übrigens auch). Wahrscheinlich bin ich auch deswegen noch in der Band. Das ist das Allerwichtigste: Humor haben und den auch zu behalten. Zu guter Letzt post Peter für uns. Wir haben ihn gefragt, wie er sich als Statue einmeißeln lassen würde. Seine Antwort: als Rennfahrer. „Alter Kindheitstraum“, schmunzelt Peter. [gallery columns="1" size="medium-large" ids="21854"]