Fabietto (Filippo Scotti)

The Hand of God: Die Reise eines Autors zu sich selbst

Ein Film, der immer besser wird

In der ersten Hälfte des Filmes lernt der*die Zuschauer*in Fabiettos Umfeld kennen, in dem der Junge manchmal unter all der Theatralik und der Extravaganz untergeht. Der Cast kann dabei sogar etwas abschreckend sein, wirken die Charaktere zu Beginn doch teilweise sehr überzogen, was eine emotionale Bindung zu ihnen erschwert. Auch misslingt manchmal die Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Humor, sodass die Frage aufkommt, was der Film eigentlich sein will. Das ändert sich aber abrupt als Fabietto den wohl härtesten Schicksalsschlag seines Lebens hinnehmen muss. Doch anders als andere Genre-Kollegen gibt es bei „The Hand of God“ danach nicht nur traurige Momente. Immer mehr wird der Fokus auf die Gefühlswelt des jungen Protagonisten gelegt, der jetzt mehr Raum bekommt, sich als Figur zu entfalten. Als Zuschauer*in sieht man die überzogenen Charaktere nun mit anderen Augen, die immer mehr Nuancen über den weiteren Verlauf von sich zeigen. Nein, die Baronesse aus dem fünften Stock muss nicht nur eine alte, verbitterte Frau sein. Ohne dass man damit rechnet, erteilt sie Fabietto eine der wichtigsten Lektionen seines Lebens. 

Was in der ersten Hälfte noch misslingt, wird dafür nun umso besser. Sorrentino gelingt die perfekte Balance zwischen den Schattenseiten und Glücksmomenten des Lebens, die durch ihre Koexistenz noch einmal ein deutlich schwereres emotionales Gewicht bekommen.

Auch wenn Fabietto als Hauptcharakter nie einen wirklichen eigenen Antrieb entwickelt, funktioniert die Geschichte. Denn er muss erst einmal alle Eindrücke in sich aufsaugen und sie verarbeiten. Und genauso ging es mir als Zuschauer. Je länger es her ist, dass ich den Film gesehen habe, desto mehr denke ich darüber nach. 

Fazit

Mit „The Hand of God“ stellt sich Paolo Sorrentino den Geistern seiner Vergangenheit und zeigt, dass die besten Geschichten immer mit der Reise eines Autors zu sich selbst anfangen. Aus diesem Grund lohnt es sich im Nachgang über den Oscar-Preisträger zu recherchieren, da so manche Szenen noch einmal ein ganz anderes Gewicht bekommen. „The Hand of God“ läuft seit dem 2. Dezember in ausgewählten deutschen Kinos und erscheint am 15. Dezember auf Netflix.

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Bildquelle: Gianni Fiorito