Sandra Bullock in der Rolle der Ruth Slater

The Unforgivable: Sandra Bullock in Bestform

Die Gittertüren werden rasselnd aufgeschoben. Für Ruth Slater (Sandra Bullock) sind es die ersten Schritte in Freiheit, nachdem sie wegen eines Mordes an einem Sheriff zu zwanzig Jahren Haft verurteilt wurde. Besten Willens, ihr Leben wieder in den Griff zu kriegen, wird sie schon bald mit der abgrundtiefen Ablehnung der Gesellschaft konfrontiert. In ihrer einstigen Heimat leben Menschen, die keine Mörderin um sich herumhaben wollen. Der Kontakt zu ihrer kleinen Schwester ist ihr strengstens untersagt, die sie seit ihrer Inhaftierung nicht mehr gesehen hat. „The Unforgivable“ – Ein Film, der die Frage stellt, ob Mörder*innen jemals vollständig vergeben werden kann.

Zusammenarbeit mit betroffenen Frauen

Es ist eine große Herausforderung, der sich Regisseurin Nora Fingscheidt gestellt hat. Während Filme wie „Prisoners“ sich auf den moralischen Konflikt der Angehörigen der Opfer fokussieren, oder „Prison Breaks“ stärkste Szenen fast allesamt im Gefängnis stattfinden, wagt „The Unforgivable“ sich an die große Zeit danach heran. Was bedeutet Freiheit nach einer so langen Zeit hinter Gittern? Hat ein*e Mörder*in jemals wieder das Recht auf ein normales Leben

Zu Recherche-Zwecken besuchten Fingscheidt und Bullock ein Gefängnis und unterhielten sich mit Frauen, die entweder ihre Haftstrafe schon abgesessen hatten oder noch absitzen mussten. „Wir haben darüber gesprochen, wie unterschiedlich es draußen und drinnen ist und wie man sich verändern muss, um drinnen zu überleben“, erzählt Fingscheidt. „Irgendwann wird man im Grunde in die Außenwelt geworfen und ziemlich allein gelassen. Das System erwartet von den Menschen, dass sie sich einfach anpassen – und damit kann nicht jeder umgehen. Die Freiheit kann ziemlich einschüchternd sein.“

„Wie du das System wahrnimmst, hängt von deinen Erfahrungen im Leben ab“, fügt Bullock hinzu. Für manche Menschen ist das System allgegenwärtig und andere bekommen es gar nicht richtig mit. Dieses Spektrum wird im Film repräsentiert.“ 

Verschiedene Perspektiven für maximalen Konflikt

Denn anders als die kurze Zusammenfassung vermuten lässt, wird der Film nicht nur aus der Perspektive Ruth Slaters erzählt, wenngleich die Ex-Insassin ohne Frage die Hauptfigur ist. Neben ihrer Schwester und deren Pflegefamilie spielen auch die Perspektiven der Nachmieter des einstigen Hauses von Ruth Slater und die Angehörigen des getöteten Sheriffs eine wichtige Rolle. Diese Vielfalt an Sichtweisen ermöglicht eine deutlich differenziertere Wahrnehmung der ganzen Situation und regt zum Nachdenken an. Klar ist aber auch, dass in den knapp zwei Stunden nicht alle Charaktere gleichermaßen ausgearbeitet werden können. So kommen sie manchmal ein bisschen eindimensional daher, aber glücklicherweise nie klischeehaft. Eine echte Bindung baut man aber nur zu Ruth Slater auf – was in diesem Fall etwas kniffliger ist als in anderen Filmen.