The Nu Project Blum

Fotoprojekt: Frauen ohne Makeup und Photoshop

Von Daniela Gaßmann

Unser Körper ist ein lebenslängliches Gefängnis ohne Fluchtwege (mal abgesehen von Schönheits-Ops und Sit-ups) – trotzdem fällt es vielen mächtig schwer ihn zu akzeptieren. Schließlich zappen, klicken oder blättern wir täglich durch gephotoshopte Parallelwelten, zu denen pralle Brüste, Oberschenkellücken und Apfelärsche gehören wie der allmorgendlicher Kaffee zum echten Leben. Für Frauen ohne lesbische Ambitionen oder Duscherfahrungen im Mannschaftssport bleiben die Megabodies aus den Medien oft der einzige miese Vergleichsmaßstab, der mindestens so unerreichbar wie Ryan Gosling ist.

Sowas wie die ersten ehrlichen Nacktfotos

Zum Glück gibt es da außer Gracie Hagen noch jemanden, der verhunzte Körperideale von Photoshopfiltern und Schönheitswahn zu befreien versucht: das Fotografenduo Matt Blum und Katy Kessler mit „The Nu Project“. Seit 2005 schießt das Ehepaar aus Minneapolis sowas wie die ersten ehrlichen Nacktfotos und beweist, dass Schönheit unabhängig von Gewicht, Form und Alter ist. Nachdem sie den amerikanischen Kontinent von Norden bis Süden durchfotografiert haben, wollen die Künstler dieses Jahr auf Europatour nach Deutschland kommen. Mitmachen kann jedes Nicht-Model, das die nötige Reife besitzt. „Wir haben das Mindestalter auf 21 festgelegt, weil wir das Nu Projekt zu einer positiven Erfahrung für uns und die Teilnehmer machen wollen“, schreiben die Fotografen über ihre einzige Teilnahmebedingung. „Mit 18 Jahren treffen Leute nämlich manchmal Entscheidungen, die sie später im Leben bereuen werden.“

Mut statt Make-up und Macken statt Musterkörper

Den größten Respekt verdienen die 150 Frauen, die vor der Kamera nicht nur ihre Hüllen, sondern auch Ängste und Schamgefühle fallen lassen. Nur mit einem Hauch von Schminke und ganz ohne Photoshop präsentieren sie ihre äußerlichen Schwächen (von Cellulite über Narben bis Speck) an dem Ort, an dem sie sich am wohlsten fühlen: Zuhause. Trotz Schönheitsfehler wirken sie ehrlich schön. Große, pralle und symmetrische Brüste sind also doch keine notwendige Bedingung für einen guten Körper.

„Als Frau bin ich selbst kritischer mit mir als jeder andere“

Für die meisten Teilnehmerinnen hat das Shooting mächtig Überwindung gekostet: „In den Bildern gibt es keine schmeichelnden Klamotten. Manche haben mich erschreckt, manche fand ich aber richtig schön und alle waren irgendwie ich. Als Frau bin ich selbst kritischer mit mir als jeder andere. Das ist auch der Grund, warum Menschen Klamotten erfunden haben – naja, und gegen das Erfrieren“, schreibt eine Teilnehmerin aus den USA über ihre Erfahrung. Bei ihr ist die Message von Blum und Kessler angekommen: man sollte einfach man selbst sein und dieses Selbst lieben – es ist höchstwahrscheinlich das einzige, das einem zusteht.