Anja Rützel hat jetzt einen Podcast

Was wir vom Trash-TV noch lernen können: Interview mit Anja Rützel

ZEITjUNG: Was ist deine Meinung zu der beliebten Aussage „Ich schaue Bachelor ja nur ironisch“?

Anja Rützel: Meistens habe ich dabei den Verdacht, dass die jeweilige Person damit künstlich Distanz schaffen will, weil sie nicht einfach zugeben möchte, dass es ihm oder ihr schlicht Spaß macht. Ein bisschen wie bei dem Begriff „Guilty Pleasure“, mit dem man sich dafür entschuldigt, etwas zu mögen, das man aus geschmacklichen Gründen eigentlich nicht mögen „darf“. Ich finde, mit dieser Haltung zwängt man sich selbst völlig unnötig in ein komisches Coolness-Konzept. Auf meinem Unterarm habe ich ein Take-That-Tattoo, weil ich diese Band einfach sehr liebe, und muss öfter erklären, ob ich das „wirklich ernst“ meine. Und wie!

ZEITjUNG: Welche Trash-TV- Serie analysierst du / schaust du am liebsten?

Anja Rützel: Das „Sommerhaus der Stars“ hat bei mir in den vergangenen Jahren das Dschungelcamp als Lieblingsformat abgelöst. Inzwischen gibt es einfach zu viele professionelle Trash-Darsteller und -Darstellerinnen, die sich von Format zu Format hangeln und damit mehr und mehr eine Rolle spielen oder sich zumindest bemühen, durch kalkulierte Aussagen und Aktionen ihren Marktwert weiter zu stärken, um weiter im Game zu bleiben. Im „Sommerhaus“ landen ja aber auch die Partner und Partnerinnen, und die sind oft erfreulich ungeschult, was die Teilnahme an solchen Dingen angeht. Und dann bröckelt auch bei den Profi-Trashern die zurechtmodellierte Fassade.

ZEITjUNG: Welche Menschen machen mit beim Trash-TV? Lassen sie sich charakterisieren? Kannst du bestimmte Typen erkennen?

Anja Rützel: Ich unterscheide für mich Formate wie das Dschungelcamp, „Sommerhaus der Stars“, „Prominent getrennt“ und „Promi-Big Brother“, bei denen die schon erwähnten Trash-Profis antreten, die wissen, worauf sie sich einlassen, und die in anderen Formaten bereits erlebt haben, was Schnitt und Storytelling am Ende bewirken können. Ich finde es völlig legitim, ihnen zuzuschauen. Formate wie „Schwiegertochter gesucht“ und ähnliches, bei denen ich oft das Gefühl habe, die Mitwirkenden haben nicht wirklich den vollen Einblick, auf was sie sich da einlassen, und bei denen es in erster Linie um Demütigung und niedere Gafflust geht, lehne ich ab und schreibe auch seit Jahren nicht mehr darüber.