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Ungarn: Der Kampf für die Pressefreiheit

Flugblätter an der Uni

 

Ist Laszlo also Teil einer dynamischen jungen Generation von Ungarn, die, anders als hierzulande, für ihre Zukunft auf die Straßen geht? „Meine Freunde und ich machen alle mit. Wir sind mit dem europäischen Gedanken aufgewachsen, mit Freiheit und offenen Grenzen. Gegen all das steht Orbán“, sagt er. „Wir haben Flugblätter an der Universität verteilt, um noch mehr Menschen zu erreichen.“ Ob das nicht gefährlich sei, frage ich. „Mehr als Bußgelder fürchten wir nicht. Wir sind immer noch in Europa, auch wenn es sich manchmal nicht so anfühlt.“ Es ist erstaunlich, dass ein Gleichaltriger so sehr brennt für politische Themen, während manche hierzulande CETA noch immer für einen Grippe-Virus halten.

„Auch abends, wenn wir ein Bier zusammen trinken, gibt es kein anderes Thema. Meine Gedanken kreisen ständig um die politische Zukunft Ungarns. Wir diskutieren viel, was einen inspiriert und anregt zu neuen Gedanken über das, was richtig und falsch ist.“ Ich kann ihn mir gut vorstellen, wie er in spärlich beleuchteten Bars sitzt mit seinen Freunden und raucht. Und anstatt Trinkspiele zu spielen, über Politik redet, die er und seine Freunde nicht als kompliziertes Gebilde abtun. Ein Gebilde, das man nicht irgendwann erst versteht, wenn man erwachsen ist, sondern als elementar für das eigene Leben, die Zukunft und das Leben der nachfolgenden Generationen.

 

„Der Europa-Gedanke ist mehr als das Reisen“

 

Wie die Proteste in München gewesen seien, fragt Laszlo und meint den Besuch des Staatschefs am Montag vor zwei Wochen. Ich muss gestehen, nicht einmal zu wissen, ob es überhaupt Proteste vonseiten des Volks gab. Lediglich Kritik aus dem Lager der SPD, die in Person von Markus Rinderspacher einen Beschwerdebrief an die Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) verfasste, ist mir bekannt. Laszlo sagt, er könne nicht nachvollziehen, wie wir einen Autokraten nicht niederschreien und untätig dasitzen können.

 

 

Und dann sagt er: „Indem man sich so wenig für die Belange anderer europäischer Länder interessiert, bereitet man Europa-Kritikern und Rechten immer mehr Boden. Denn der europäische Gedanke ist mehr als nur das grenzenlose Reisen und das Treffen von anderen Europäern bei einem Bier.“ Er sagt das nicht als Vorwurf oder wütend, sondern ganz ruhig. Ich sage ihm nicht, dass ich, während Orbán in München sprach, mit einer Freundin spazieren war und wir uns kaputt lachten über Nichtigkeiten. Denn er hat Recht. In Ungarn wird gegen Pressefreiheit protestiert, die Jungen gehen auf die Straßen und hierzulande, nur rund sechs Autostunden entfernt, ist das Ringen des Volkes mit einem Autokraten nicht mehr als eine Randmeldung, die man vergessen hat, noch bevor man sie zu Ende gelesen hat.


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Bildquelle: 
Stefanie Eisenschenk unter CC BY 2.0