Von Dahoam nach Venedig

Von Dahoam nach Venedig: Durch die Piave-Ebene bis nach Venedig

Ein Sabbatical verbringt jeder anders. Die einen machen einen Yoga-Kurs auf Bali, die anderen reisen durch Südafrika. Doch Clarissa und David hatten andere Pläne: Die beiden Münchener haben sich für den Sommer ambitionierte Pläne gesteckt. Sie wollen zu Fuß von München bis nach Venedig laufen. Ob sich ihr Traum erfüllt und was sie auf ihrem Weg erleben, das erfahrt ihr in den nächsten Wochen hier.

Die vierte Etappe: 30.07.22-04.08.22

Die Fortsetzung und auch der Abschluss unseres Abenteuers. In 33 Tagesetappen gänzlich zu Fuß von München nach Venedig. Einmal über die Alpen. Etwa 600 km und 25.000 Höhenmeter. Ein Traum für viele Wanderer und unser ganz persönlicher “Traumpfad”.

Auf der Zielgeraden

Die fünfte und letzte Wochenetappe unserer Reise stand bevor! Unglaublich! Wir waren nach all den Wochen, in denen wir über die Alpen gewandert sind, nun im Flachland Italiens angekommen und auf der Zielgeraden. Mit dem Blick vom Col Visentin, der letzten wirklichen Anhöhe unserer Wanderung, konnten wir bereits den anstehenden Weg erahnen. Und wir wussten, auf uns warteten nun mitunter die kilometermäßig längsten Tages-Etappen. Nicht wenige entscheiden sich deshalb mit Bus, Zug und Co. den letzten Abschnitt zu bestreiten. Soweit gekommen, wollten wir aber unbedingt an unserem Vorhaben festhalten, die komplette Strecke unseres Traumpfad zu Fuß zu meistern! Und es fehlte nicht mehr viel.

Bei strahlendem Sonnenschein in Italien zu sein, inmitten und entlang der endlosen Maisfelder, Weinreben und -güter: Was für eine traumhafte Vorstellung. Aber mit unseren Rucksäcken beladen bei über 35 Grad, erwies sich diese malerische Landschaft im staubtrockenen Hochsommer nochmals als “brutzelnde” Herausforderung. Auf dem Weg nach Zuel Di Qua, einer Siedlung entlang der Strada del Prosecco, wurde uns dies schnell klar. Generell mussten wir vermehrt Schotter- und Asphaltwege sowie Neben- und Bundesstraßen entlanggehen samt dem regen Verkehrstreiben. Die Zeit der abgelegenen Wanderwege war ab hier definitiv vorüber!

Clarissa

Das Durchstreifen der Dörfer

Von Ort zu Ort hangelten wir uns entlang unserer Route. Klein und verschlafen, malerisch und schön, unscheinbar und schon vergessen. Häufig waren Kirchtürme in der Ferne ersichtlich, die uns nochmals die Bestätigung gaben, dass wir auf dem richtigen Weg waren. Manchmal kamen wir an ihnen vorbei und gelangten direkt ins Dorfzentrum, mit der Hoffnung auf ein kleines Café zu stoßen. Manchmal nahm der Weg jedoch kurz vorher eine Biegung und es ging weiter entlang einer unendlichen Asphaltstraße bis zur nächsten schattenlosen Kreuzung oder Abbiegung, die ebenso schonungslos bis zum Horizont reichte. Zäh! Vor uns und hinter uns nichts als Felder und Wege, über uns die Sonne. Ein Glück, dass wir einen Sonnenschirm, bis dahin ungenutzt, den ganzen Weg seit Dahoam mitgetragen hatten! Dieser kam nun in diesen Tagen oft zum Einsatz und spendete zumindest ein wenig Schatten!

Hilfsbereitschaft

Müde und nichtsahnend durch Barbisanello laufend, einem der eher unscheinbareren Orte auf unserer Reise, erlebten wir mehrere besondere Momente. Wir waren sichtlich gebeutelt von der Hitze als ein ein älterer Herr und seine Enkelin auf uns zukamen, um uns zwei Flaschen gekühltes Wasser zu überreichen. Eine Geste, die uns überaus erfreut hat. Sehr interessiert an unserer Reise nach Venedig gaben sie uns zudem noch Weghinweise, wünschten uns alles Gute und richteten unsere Aufmerksamkeit auf eine Sitzbank im Ort. Die Bedeutung der Sitzbank sollten wir erst kurz darauf wirklich verstehen. Wenig später wurden wir von einer Dame herzlichst von ihrem Fenster aus gegrüßt, ein älterer Autofahrer ließ seine Scheibe herunter um uns zuzuwinken, ein Mopedfahrer blieb stehen um sich mit uns zu unterhalten. Am Ende des Dorfes angekommen, entdeckten wir die besagte Sitzbank. Im Schatten stehend war sie der perfekte Pausenplatz und wir freuten uns über die Sitzgelegenheit, dabei entdeckten wir ein Schild. “Welcome in Barbisanello to the great walkers! Gute Reise! “ Daneben befand sich ein Bild mit Ludwig Graßler darauf, dem bereits verstorbenen Gründer des Traumpfads von München nach Venedig, und der Bildunterschrift “Unforgettable Ludwig Graßler”. Die Wertschätzung und Beachtung, die wir in diesem unscheinbaren Dörfchen so unerwartet erfahren haben, hat uns tief berührt und bleibt uns unvergessen! Vielen Dank Barbisanello!