Wenn es Stutenbissigkeit gibt – gibt es dann auch Hengst-Bissigkeit?
„Ich bin gerne ein Mann. Ja, wirklich! Ich bin glücklich, mir nicht jeden Morgen Gedanken zu machen, ob und wie ich mich schminke. Ich liebe es im Stehen zu pinkeln, und das Sozialverhalten von Frauen kommt mir teilweise vor wie eine Fremdsprache.
Doch neben all den positiven Aspekten, die das Mann-Sein mit sich bringt, gibt es – wer hätte es gedacht – auch in der Männerwelt Schattenseiten. Das Konkurrenzverhalten ist eine davon. Zwar ist es unter Männern weniger gängig, das Aussehen eines unfreundlichen Verkäufers nach dem Grad seines Haarsplisses zu bewerten. Ob es allerdings besser ist, beim Feiern von einem betrunkenen Typen Schläge angedroht zu bekommen (weil der sich vor seinen Freunden oder seinem Schwarm profilieren muss), wage ich zu bezweifeln. Immerhin: Falsch verstehen kann man ein „Ich stech dich ab!“ nur schwer.
Plump, aber eindeutig
Und trotzdem: Die stumpfe aber dafür direkte Kommunikation, die viele Männer an den Tag legen, geht mit vielen Vorteilen einher. Kein unterschwelliges Anzicken, keine Beleidigung, die man erst im Nachhinein bemerkt. Männer sind nicht sonderlich gut darin, etwas durch die Blume zu sagen. Passiv aggressive Bemerkungen und ein anschließendes ironisches Lächeln sind hier eher Mangelware. Wenn ein Mann ein Problem mit dir hat, dann zeigt er dir das meistens auch. Ob man dieses Verhalten jetzt als positiv oder negativ bezeichnen will, ist jedem selbst überlassen. Eines ist aber klar: Hat man sich einen Feind gemacht, dann weiß man das – oder besser gesagt: Er lässt es einen wissen.
Davon auszugehen, dass es unter Männern keine mit Stutenbissigkeit vergleichbare Konkurrenz gäbe, wäre aber auch falsch. Denn es gibt sie! Der besoffene Schläger vorm Club lebt sie genau in dem Moment aus, in dem er seinem Gegenüber droht, dessen Organe zu verkaufen. Denn wie so vieles in der Kommunikation zwischen Männern, ist auch das Ausdrücken einer solchen Konkurrenz nicht gerade subtil.
Eine Prise Alpha-Gehabe
Ähnlich wie in der Tierwelt werden genau dann die Zähne gefletscht, wenn sich das Alpha-Männchen körperlich, oder wie in diesem Fall, sozial bedroht oder angegriffen fühlt. Und solche Bedrohungen gibt es viele im Alltag. Denn was haben ein flirtender Blick in Richtung der eigenen Partnerin, ein herausfordernder Kommentar eines Freundes oder ein Lob des Chefs an den unsympathischen Arbeitskollegen gemeinsam? Sie stellen alle die persönliche soziale Stellung in Frage. Und wenn ein Mann auf eines allergisch reagiert, dann ist es die Untergrabung seiner ach so großen Autorität.“
In diesem Sinne: Hengste beißen nicht. Aber sie treten.
Wieso beißen Stuten? Das liest du hier.
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Bildquelle: Unsplash, CCO-Lizenz