Wie in Trance: Hypnose im Selbstversuch

„Darf ich dich hypnotisieren?“

Es könnte kaum klischeehafter sein als ich es mir vorgestellt habe: Ich liege inmitten unzähliger Kissen mit einer flauschigen Decke auf einer Couch, das Licht ist gedimmt und im Hintergrund läuft sanfte Musik, die ich nach wenigen Sekunden nicht einmal mehr bemerke. Martin vergewissert sich, dass ich mich wirklich hypnotisieren lassen möchte. Natürlich, dazu bin ich hier. Dann soll ich meine Augen schließen. Er fängt an zu reden und nach ein paar Minuten fühle ich mich bereits so entspannt, als hätte ich zwei Wochen Strandurlaub hinter mir.

Obwohl er ununterbrochen auf mich einredet, hat er dabei aber eine Stimme, die dieselbe Wirkung auf mich hat, wie damals, als mein Opa mir Geschichten erzählt hat. Es ist nicht wichtig, wo ich bin. In meinem Kopf hat jemand das Licht ausgemacht. Mein Verstand ist abgeschalten, während mein Unterbewusstsein Martins Stimme folgt, hinein in die tiefste Entspannung meines Lebens. Soweit, dass später nicht einmal wichtig sein wird, wer ich bin.

Immer wenn ich meine Augen öffnen will, soll ich sie noch mehr entspannen. Da schlafen sowieso zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehört, fällt mir das nicht weiter schwer. Nach ein paar Wiederholungen ist es mir schlicht nicht mehr möglich, meine schweren, entspannten Lider zu heben.

Wie ich heiße? Keine Ahnung, egal.

„Gleich wirst du dich nicht mehr daran erinnern, wie du heißt“, sagt er. Dieser Satz lässt meinen Verstand kurz aufblitzen, in Gedanken wiederhole ich mehrfach meinen Namen. Vroni. Vroni. Vroni. Als ob ich das vergesse. Später erfahre ich, dass das die Schutzfunktion meines Verstandes war. Doch Martin holt mich sofort wieder zurück in die völlige Entspannung, ein zweites Mal lassen mich seine Worte alles andere ausblenden. Ich soll meine Augen öffnen: „Wie heißt du?“ In meinem Kopf ist Leere. Ich kann nur gerade aus gucken und ein paar Mal verwirrt blinzeln. Der Zustand, der mir unter anderen Umständen extrem Angst eingeflößt hätte, ist gerade überhaupt kein Problem. Gemütlich falle ich zurück in die Kissen.

„Wie fühlst du dich?“ Gut. Das ist alles, was ich gerade herausbringe. Gedanklich versetzt Martin mich erst auf meine heimische Couch, dann an den Strand. Es ist Sommer, ich kann die Sonnenstrahlen spüren und merke, wie es ganz warm in meinem Körper wird. Gleich soll ich mich an eine Situation aus meiner Kindheit erinnern, in der ich genau dieses Gefühl hatte. Martin zählt von fünf runter. Doch all meine Kindheitserinnerungen an die Zeit vor der Grundschule sind recht ausgeblichen.

Als er aber bei eins ankommt, habe ich den Moment klar vor Augen: Ich bin vier Jahre alt. Es ist ein Sonntagmorgen im Frühling und ich liege neben meinem Papa im Bett. Die Sonne scheint uns durchs Fenster ins Gesicht, wir albern herum. Ich spüre meine kindliche Freude über diesen Moment. Martin zählt noch einmal runter, dann bin ich ungefähr sechs Monate alt. Meine Mama hat mich im Arm und steht im Wohnzimmer. Unsere Wohnung ist wieder im Zustand vor der Renovierung mit all den alten Möbeln von damals. Das warme Gefühl in mir wird immer stärker. Das geht soweit, bis ich in die Zeit zurückversetzt bin, als ich noch bei meiner Mama während ihrer Schwangerschaft im Bauch war. Dass ich das „erlebt“ habe, kann ich später selbst kaum glauben.