Wut mensch ärgere dich doch Titelbild

Wut: Mensch ärgere dich doch!

Das Gemeinschaftsspiel „Mensch ärgere dich nicht“ ist Sinnbild für unsere Kindheit. Von früh auf hat man gelernt, dass sich Wut nicht gehört. Weder in der Öffentlichkeit, noch zu Hause in den eigenen vier Wänden. Als Kleinkind hat man sich vielleicht noch mal schreiend auf den Boden im Supermarkt geworfen, wenn Mama einfach das Falsche in den Einkaufswagen gelegt hat. Aber spätestens nach dem zweiten Mal war dir klar: Dein Schreikonzert am Boden bringt rein gar nichts und ist obendrein nicht erwünscht. Es gilt, sich zu zügeln und den Ärger und Zorn zu unterdrücken, bis er sich von alleine wieder verzieht. Durch dieses Wutverbot fällt es den Meisten schwer, ihren Ärger einfach mal Luft zu machen und ihrer Wut im Bauch etwas Positives abzugewinnen. Warum die Wut ein besseres Image verdient.

 

Nur Mut!

 

Unsere Wut gehört zu den sechs Grundemotionen, die wir Menschen so besitzen, und ist damit ein Motor, erklärt der Philosoph Kees Hellingman. Zorn ist ein wunderbarer Energiebringer, weil er uns zeigt, was uns tierisch aufregt und es uns somit leichter macht, Dinge zu ändern. Wieder mal richtig wütend auf die Deutsche Bahn, weil dein Zug eine gefühlte Ewigkeit zu spät kommt und du deinen Anschlusszug jetzt sowieso vergessen kannst? Dann ist deine Wut wahrscheinlich der Anfang für Veränderungen. Sie hilft dir nämlich, kreativ zu werden, um das Problem zu lösen und es besten Falls nächstes Mal gleich komplett zu umgehen. Wieso nicht einfach mal einen Fernbus ausprobieren? Oder Fahrgemeinschaften? „Wut kann Anlass zur Veränderung sein und kann uns die Energie geben, endlich anzupacken, was uns bislang unmöglich schien“, erklärt Hellingman weiter. Wir müssen uns einfach nur mal trauen, dieses Brodeln im Bauch als etwas Positives wahrzunehmen und dem Ärger Luft zu machen! Denn nur so kannst du unangenehme Situationen entgehen!

Außerdem ist es ohnehin furchtbar schlecht, Wut und Ärger immer zu unterdrücken und runterzuschlucken. Wie ein Bumerang kommt sie wieder zu dir zurück. Das Institut für klinische Physiologie in Pisa hat nämlich im Rahmen einer Langzeitstudie festgestellt, dass negative Emotionen, wie Wut und Zorn schlecht für das Herz sind. Also einmal ganz tief Luft holen und losschreien! Danach geht es dir definitiv besser und deinem Herzen auch. Überhaupt ist es eh weniger förderlich, deinen Zorn runter zu schlucken. Wenn also dein Loverboy/girl schon wieder die Zahnpastatube nicht zu gemacht hat, dann teil ihr/ihm deinen Ärger mit, denn nur so ist beim nächsten Mal die Chance größer, dass der Deckel da ist, wo er hingehört! Wenn auch nur minimal.

 

Wut positiv nutzen

 

Wut sei eine psychische Energie, die sowohl positiv als auch negativ genutzt werden kann, sagt die Psychologin Eva Wlodarek, wie das Hamburger Abendblatt zitiert. Nicht immer führt der eigene Zorn sofort zu einer positiven Wendung. Oft sagt man in der Wut auch Dinge, die man so eigentlich nicht gemeint hat, egal ob in einer Partnerschaft, in der Arbeit oder unter Freunden. Deswegen empfiehlt der Diplom-Psychologe Christoph Burger auch: „Bis zehn zählen, aus dem Raum gehen und tief Luft holen“, wie die welt.de schreibt. Dann sind Gedanken schon klarer und der erste unkontrollierte Wutausbruch hat sich gelegt. Danach kannst du dann aber mal so richtig losschreien. Oder zumindest einfach mal sagen, was dich gerade auf die Palme bringt. Es ist wichtig, Probleme anzusprechen, denn nur so findet man dann auch eine Lösung. Es gibt sogar Seminare und Coaches, die mit ihren Anti-Ärger-Strategien Menschen helfen, ihre Wut positiv zu nutzen. Aber eigentlich ist es ganz einfach: Einfach mal trauen, seinem Ärger Luft zu machen! Wichtig dabei ist nur, auf sachlicher Ebene zu bleiben. Dann findet sich schnell eine Lösung für störende Situationen und nervende Probleme und der Wut-Bauch wird wieder kleiner.

 

Warum Wut auch ein bisschen Liebe ist

 

Erst einmal völlig absurd. Aber manchmal brodelt es einfach so richtig in uns. Auch, um zu zeigen, was wirklich wichtig ist. In Wahrheit steckt nämlich hinter dem großen Gefühl der Wut, dem lauten Türenknallen und dem zornigen Gesicht, die Liebe selbst. Klingt komisch? Ist es aber nicht. Wir werden wütend, wenn uns etwas oder jemand wichtig ist, wenn wir uns vergessen fühlen oder zu hohe Erwartungen an den Anderen haben. In einer Partnerschaft ist Wut so gesehen etwas völlig Normales und Positives, das mit der Liebe zum Partner einhergeht. Sie hilft uns sogar, Streitpunkte endlich anzugehen und sich auszusprechen.

Natürlich führt Wut oft zu Streit und Tränen. Vor allem bei Menschen, die wir lieben, ist das alles andere als angenehm. Wir alle kennen die Situation, wenn der Partner wutentbrannt vor einem steht und einem unzählige Dinge an den Kopf wirft, die ihn tierisch nerven, bis man selbst nicht mehr genau weiß, was er oder sie denn eigentlich noch an einem liebt. Trotzdem, schon die Wut an sich zeigt, dass du deinem Gegenüber sehr wichtig bist, ansonsten wär es ihm ja völlig gleichgültig, wie du dich verhältst und was du sagst. Außerdem sagt der britische Publizist gegenüber der Flow, streiten trage zu Ausbildung der eigenen Persönlichkeit bei und mache deutlich, wer wir sind. Die Wut entsteht nämlich im Kopf, und zwar immer dann, wenn die eigenen Werte von Anderen nicht eingehalten werden. So hat die Wut in der Partnerschaft sogar zwei positive Nebeneffekte: Du lernst dich selbst besser kennen und Streitpunkte werden frühzeitig ausdiskutiert, denn nur so kann es zur echten Versöhnung kommen, was schon ziemlich wichtig wäre, sollte man auch in Zukunft das Leben noch gemeinsam planen wollen.

 

Eine neue Chance

 

Geben wir der Wut eine neue Chance. Denn sie hat definitiv ein besseres Image verdient, als jenes, das sie heute mit sich herumschleppt! Tun wir unserer Seele etwas Gutes und schreien unseren Ärger einfach mal raus in die Welt. Oder werfen uns auf den Boden im Supermarkt, wenn die Lieblingschips schon wieder mal alle sind. Lass uns auf den Tisch hauen und unserem Gegenüber mal kräftig die Meinung sagen. Denn im Endeeffekt freut sich jeder: Die Wut, weil sie dann vielleicht endlich den Platz in der Öffentlichkeit findet, der ihr zusteht, unser Herz, weil es nicht irgendwann vor Kummer sterben muss und wir selbst. Weil unser Zorn uns hilft, endlich unangenehme Situationen zu ändern. Lassen wir uns in den Arsch treten von der eigenen Wut, um dann energiegeladen Probleme zu lösen. Anstatt ständig den Ärger runterzuschlucken und zu warten, bis sich unser Zorn ganz leise aus dem Staub macht, ohne dass sich irgendetwas verändert hätte.

Folge ZEITjUNG auf FacebookTwitter und Instagram!

Bildquelle: Titelbild Megane Calleweart über CC BY 2.0