Menschen feiern Gottesdienst. Bild: Unsplash

Freikirchen: Von Partys und Jesus

Party, Social Media und Jesus – während die institutionalisierten Kirchen in Deutschland und dem Rest der Welt mehr und mehr an Bedeutung verlieren, gewinnen Freikirchen immer mehr an Zulauf. Aber was sind Freikirchen eigentlich und was macht sie so attraktiv? Welche verschiedenen Ausrichtungen dieses ungebundenen Glaubens gibt es und wie lebt es sich als Mitglied dieser Gemeinden? Um Antworten auf diese Fragen zu finden habe ich mich mit meinem Kommilitonen Markus (Name von der Redaktion geändert getroffen, um mit ihm über seinen Glauben und seinen Alltag in der freikirchlichen Gemeinde zu sprechen. Dabei haben wir uns auch über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Bezug auf unsere religiösen Erfahrungen unterhalten.

Freikirchen: Die Zukunft des Christentums?

Dass die Religion kein großes Thema mehr in der Gesellschaft ist, ist längst bekannt. Oder ist es das vielleicht doch? Entgegen dem Klischee, junge Menschen seien am Glauben nicht interessiert, geben einer Umfrage der Universität Tübingen zufolge etwas mehr als die Hälfte der befragten Jugendlichen in der 11. Und 12. Klasse an, an Gott zu glauben. Dabei wird jedoch deutlich, dass die Schüler, die angaben, gläubig zu sein, sich aber mehr und mehr von den institutionalisierten Kirchen distanzieren. So sind 71 Prozent der Befragten der Meinung, dass sich die Kirche ändern müsse. Diese Auffassung ist, wenig überraschend, darauf zurückzuführen, dass sich immer weniger junge Menschen mit der Kirche identifizieren können, was (von den Missbrauchsskandalen in der katholischen Kirche mal abgesehen) auch maßgeblich damit zusammenhängt, dass es in den Gemeinden kaum Angebote für jüngere Menschen gibt. Auch die Anzahl der Kirchenaustritte steigt bereits seit einigen Jahren kontinuierlich an. Ganz anders sieht es jedoch in den Freikirchen aus. Denn diese Gemeinden, die ursprünglich im Sinne der Trennung von Staat und Kirche in den USA gegründet wurden und aus der protestantischen Pfingstbewegung entstanden sind, erhalten nicht nur in südamerikanischen Ländern wie Brasilien großen Zulauf, sondern durchaus auch hierzulande. So sind ungefähr 140.000 Gläubige in Deutschland Mitglied in einer Freikirche. Aber woran liegt das eigentlich? Was macht die Freikirchen so attraktiv und was unterscheidet sie von den institutionalisierten Gemeinden?

Katholisch, Evangelisch, Freikirchlich?

Für mich war es insbesondere spannend zu erfahren, was die Freikirchen überhaupt von anderen christlichen Gemeinden unterscheidet. Denn ich bin katholisch aufgewachsen (ganz klassisch mit Taufe, Kommunion und Fronleichnamsprozessionen im Dorf) und hatte bisher nur sehr wenig Anknüpfungspunkte zu freikirchlichen Gemeinden. Ich kenne mich dementsprechend also schlecht aus und bin wahrscheinlich auch mit vielen unterbewussten Vorurteilen behaftet. Zunächst einmal ist es wichtig zu sagen, dass die verschiedenen Freikirchen unglaublich vielfältig sind und nicht direkt miteinander in Verbindung stehen. Die Freikirchen unterscheiden sich nicht nur in Bezug auf theologische Aspekte stark untereinander, sondern auch von den institutionalisierten Kirchen. So wird man als Kind beispielsweise in den meisten Freikirchen nicht getauft. Die Taufe ist dabei vielmehr eine bewusste Entscheidung, die nicht von Eltern für ihre Kinder getroffen werden kann und somit nur von Jugendlichen und Erwachsenen für sich selbst übernommen wird. In diesem Sinne hat sich Markus, ganz im Gegensatz zu mir, auch bewusst für seine Gemeinde entschieden und hat sich dieser angeschlossen, als er für das Studium nach München gezogen ist. Und obwohl die Freikirchen aus der evangelischen Tradition entstanden sind, gibt es Markus zufolge gefühlsmäßig doch eher mehr Anknüpfungspunkte zu der katholischen Kirche (gerade in Bezug auf die Art und Weise der Gestaltung des Gottesdienstes und die Diskussionen um die Existenz von Wesen wie beispielsweise Dämonen). Insgesamt wird dabei im Gegensatz zur coolen und liberalen Aufmachung der Gottesdienste jedoch sehr viel Wert auf konservativere Werte (wobei aber trotzdem auch oft mit Traditionen der institutionalisierten Kirchen gebrochen wird). So gibt es aber durchaus auch einige Überschneidungen zwischen den freikirchlichen Gemeinden und den etablierten Konfessionen.