Ein Tag als Kontrolleur

Ein Tag als Kontrolleurin in den Straßenbahnen

„Autorität lernt man hier“

Kurz hinter der Zonengrenze steigen wir aus und wechseln die Richtung. Langsam aber sicher steigt die Anzahl der Schüler in den Bahnen. Wir kontrollieren und der Teamleiter erklärt mir, wie man den Stempel auf den Fahrkarten lesen kann. Dann der erste Fall. Ein etwa 12-jähriges Mädchen mit großem Schulranzen auf dem Rücken hat ihre Monatskarte vergessen. „Mach dir mal keinen Kopf“, meint Aramis mit ruhiger Stimme. Er tippt ihre Informationen in sein Gerät und gibt ihr den kurz darauf gedruckten Zettel. „Wenn du die Monatskarte in 7 Tagen vorzeigst, musst du keine 60 Euro bezahlen, nur eine Bearbeitungsgebühr.“ Die Tram stoppt und wir steigen aus. Die nächsten zwei Stunden fahren wir hauptsächlich auf einer Linie umher. Immer mal wieder gibt es Fahrgäste, die ihr Abo vergessen haben oder mit ungültigem Fahrschein unterwegs sind. An einem normalen Arbeitstag haben die Jungs je 6 bis 8 Fälle, eine Quote müssen sie allerdings nicht erfüllen. In der Pause unterhalten wir uns ein wenig über das Studium und was die Zukunft bringen soll. Athos ist angehender Jurist, D’Artagnan widmet sich der Wirtschaftsinformatik und Aramis studiert Gymnasiallehramt. „Autorität lernt man hier“, erklärt er mir „und die kann man als Lehrer gut gebrauchen.“

Als wir kurz vor dem Ende der Schicht in einer Bahn nach einigen Stationen mit der Kontrolle beginnen, steht ein Fahrgast ruckartig auf, um sich vorn beim Fahrer ein Ticket zu kaufen. Ein schneller Pfiff durch die Tram und alle kommen nach vorn um ihn aufzuhalten und zur Rede zu stellen. Er besteht lauthals darauf nichts falsch gemacht zu haben und verweigert es sich auszuweisen. „Wenn Sie uns ihren Ausweis nicht geben wollen, müssen wir die Polizei rufen“, erklärt Athos. Doch auch nach mehreren Aufforderungen will der etwa 40-Jährige keine Angaben machen. Während D’Artagnan die Polizei verständigt, mischen sich mehrere Fahrgäste in die Diskussion mit ein. Einige wollen wissen, was genau passiert ist. Es wird lauter und die Spannung in der Tram steigt. Eine Frau redet über mehrere Minuten auf den Schwarzfahrer ein. Sie sei schon in der selben Position gewesen und habe erfahren, dass ein Polizeieinsatz unnötig und teuer ist. Irgendwann hört er tatsächlich auf sie und wir können den Fall auch ohne Polizei beenden. Auf dem Weg zurück zum Königsplatz fragen die drei, ob ich mir nicht auch vorstellen könnte, als Kontrolleur zu arbeiten. Ich lache und erkläre, dass ich dann aber doch lieber beim Schreiben bleibe.