#FragenNachZahlen mit Bilal Hassani: „Can you tell us your favorite joke?“

Lange blonde Haare, perfektes Make-Up, coole Brille und ein Lächeln, das mehr als ansteckend ist. Gut gelaunt begegnet mir Bilal Hassani an einem warmen Sommertag in München. Der 19-Jährige Sänger ist vor allem dafür bekannt, Frankreich beim Eurovision Song Contest 2019 zu vertreten, doch seine künstlerische Karriere begann bereits weitaus früher, wie er uns im Interview verriet. Wir sprachen mit ihm über das Leben als queerer Mensch, über die Highlights und Tiefpunkte seines Lebens, Mode und Drag Queens.

ZEITjUNG: Hey Bilal! Herzlichen Glückwunsch erstmal zu deinem ersten Album und deiner Performance beim Eurovision Song Contest! Hattest du eine gute Zeit?

Bilal Hassani: Es war toll. Als Fan des Contests war es super seltsam und gleichzeitig sehr aufregend Teil davon zu sein. Und auch der gesamte Schaffensprozess des Albums – das Schreiben, Komponieren und Produzieren – hat mir sehr viel Spaß gemacht. Es waren große Momente für mich und ich bin extrem dankbar und glücklich!

Dein Song „Roi“, den du auch bei Eurovision gespielt hast, besitzt eine wichtige Message. Woher kam die Idee dafür?

Ich habe mich mit der Band Madame Monsieur – welche Frankreich letztes Jahr bei Eurovision vertreten haben – getroffen. Wir wurden enge Freunde und entschlossen gemeinsam einen Song zu schreiben. Ich wollte schon immer einen Song haben, der mir am Herzen liegt und meine Geschichte erzählt. Emily hat ein Talent darin und war somit die perfekte Person, um mit mir meine Geschichte zu erzählen. Nur zwei Stunden später hatten wir den Song. Wir haben direkt gespürt, dass die Botschaft des Songs meine Story übersteigt. Es geht um Selbst-Liebe und Selbstfindung und dein inneres Königreich, darum, dich selbst so zu akzeptieren wie du bist und dich nicht durch andere Menschen verformen zu lassen.

Nachdem du die nationale Auswahl-Show gewonnen hast, haben sich sehr viele Menschen in Frankreich über deinen Gewinn aufgeregt. Wie bist du mit dieser Zeit und dem Hass der Menschen umgegangen?

Es ist echt komisch, wenn dein absoluter Höhepunkt deines Lebens gleichzeitig auch dein krassester Tiefpunkt ist. Ich habe gar nicht mehr verstanden, was passiert. Das war echt komisch für mich. Aber ich habe das große Glück viel Support von meinen Fans, meiner Familie und meinen Freunden zu bekommen. Ich habe gelernt mich daran zu gewöhnen. Du musst – wie bei der Linse einer Kamera – lernen, deinen Fokus zu setzen. Und ich habe mich entschieden mich auf die Liebe und das Glück zu konzentrieren. Ich bekomme auch viele Nachrichten von Menschen aus ganz Europa, die meine Performance gesehen haben. Solche ehrlichen, unterstützenden Nachrichten und der Support meiner Fans sind mir wichtiger als irgendwelche kleinen Trolle.

Du warst auch schon mal bei The Voice Kids. Dort hast du „Rise Like A Phoenix“ von Conchita Wurst gesungen. Hast du Tom Neuwirth in der Zwischenzeit getroffen?

Seine Augen leuchten auf und er klatscht begeistert in die Hände: Jaaa! Ja, wir haben uns in Tel Aviv getroffen und es war unglaublich. Ich konnte meine ganze Geschichte erzählen, wie ich seinen Song entdeckte und für The Voice Kids ausgewählt habe. Tom war super nett, liebenswert und sehr unterstützend. Am nächsten Tag bekam ich einen kleinen Brief von ihm, den er zu meiner Umkleide schicken lies. Er hat mir viel Glück und Erfolg bei meiner Performance gewünscht. Das hat mich wirklich sehr berührt.

Auf deinem Album vermischst du englische und französische Lyrics in fast jedem Song. Nur Jaloux ist 100% französisch. Warum der ständige Wechsel? Kannst du dich nicht einfach für eine Sprache entscheiden?

Warum entscheiden, wenn beide toll sind? Würde ich eine dritte Sprache lernen, dann wären meine Songs wahrscheinlich in drei unterschiedlichen Sprachen, oder vier, oder siebzehn. Wir leben in einer sehr globalen Musikwelt. Es gibt keine Hindernisse, keine Grenzen mehr. K-Pop ist inzwischen in den US-Charts. Französisch sprechende Künstler wie Stromae spielen ausverkaufte Konzerte im Madison Square Garden in New York. Sprache ist kein Hindernis mehr. Musik ist eine universelle Sprache. Deshalb will ich nicht entscheiden müssen.

Mode ist ein großer Teil deines Lebens – Wie hat diese Begeisterung dafür angefangen?

Ich weiß nicht genau, wann oder wie das angefangen hat. Aber schon als Kind habe ich Puppen und Verkleiden geliebt. Als ich drei oder vier war, habe ich Handtücher um den Kopf gewickelt, wie lange Haare. Ich war also schon früh von solchen Dingen angezogen. Außerdem hatte der Musikgeschmack meiner Eltern viel Einfluss auf mich. Sie hatten Platten von David Bowie, Prince, Michael Jackson und Freddie Mercury. Diese Künstler waren bekannt für ihre einzigartigen Looks. Und das inspirierte mich. 

Gibt es einen aktuellen Fashion-Trend, den du überhaupt nicht verstehst?

Ich liebe jeden Fashion-Trend – und auch jeden Fashion Faux Pax. Ich glaube, es gibt keine Regeln. Was heute schön ist, ist morgen vielleicht hässlich und war gestern noch seltsam. Außerdem kommt noch der globale Faktor dazu. Was in einem Land krass gehyped wird, ist in einem anderen Land super lame. Diese Regeln, wann etwas trendy ist, haben also eigentlich gar keine Grundlage. Du solltest einfach anziehen, worauf du Lust hast und aussehen, wie du aussehen willst. Das funktioniert übrigens auch für alles andere im Leben – Essen, Beziehungen, Haare färben, et cetera.

Du bist ein riesiger Fan von RuPaul’s Drag Race, richtig? Warum liebst du die Show und würdest du selbst gerne mal teilnehmen?

Ich? Teilnehmen? Nein, das könnte ich nicht! Oh mein Gott, ich würde in dieser Show sterben!
Aber ich würde liebend gerne mal ein Gast-Juror sein. Das wäre sicher lustig. Ich war sehr jung als ich die Show entdeckte und habe wirklich viel von der Serie gelernt. Auch wenn die Show sehr lustig aufgezogen wurde, ist sie doch sehr inspirierend und bietet jede Menge Informationen über das Leben von queeren Menschen und wie schwierig es sein kann. Man erfährt auch etwas über die persönliche Geschichte der Drag Queens, die dich sonst zum Lachen oder Tanzen bringen. Das war eine wichtige Erfahrung für mich. Denn in meiner Schule oder meiner Nachbarschaft war ich der einzige, der sich gerne verkleidet hat. Durch die Show habe ich mich weniger allein gefühlt. Und das obwohl ich kein Drag mache. Aber es ist auch einfach eine richtig gute Show.