Wie sich der Selfie-Wahn auf die Mode auswirkt

Selfies sind kein kurzlebiger Trend: Egal ob im Biergarten, vorm Brandenburger Tor oder am Strand von Mallorca, immer und überall quetschen sich Gesichter, eine Armlänge entfernt, vor eine kleine Handykamera. Und das seit Jahren. Aus einem spaßigen Hype, ist längst eine Kultur geworden, die eine ganze Gesellschaft prägt.
Und darauf reagiert auch die Mode. Denn, wenn all die fancy gekleideten Menschen in den ersten Reihen gar nicht aufhören wollen, Selfies von sich zu knipsen, und lieber sich begutachten als die Models vor ihnen, müssen auch Dior, Chanel und Co. sich etwas einfallen lassen.

Selfies live vom Laufsteg

Dolce & Gabbana war 2015 eines der ersten Modehäuser, das den Trend bewusst aufgriff und für sich nutzte. Den Models wurden Smartphones in die Hände gedrückt, mit denen sie mitten auf dem Laufsteg Selfies von sich machten. Die wurden direkt auf die Leinwände übertragen und gepostet, damit die ganze Welt live an der Show teilnehmen konnte. Eine clevere Aktion: So konnte man als Marke all den Zuschauern, die schon während der Show fleißig die zukünftigen Trends posteten, zuvorkommen.

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Bunte Sonnenbrillen als Antwort

Ein paar Jahre später sehen wir krasse Sonnenbrillen, Ohrringe in Überlänge und quietschbunte Accessoires in den Haaren auf den Laufstegen. Und das ist natürlich kein Zufall. Ganz bewusst legen die Designer ihren Fokus jetzt auf das Oben. Auf das, was auf Selfies zu sehen ist. Also Haare, Augen, Ohren.

Die Mode muss mitmachen, um mitzuhalten, also werden mehr Accessoires für den Kopf designt. Aber eigentlich halten uns die Macher von Mode damit auf subtile und intelligente Weise den Spiegel vor. Sie zeigt uns, wie wir ticken. Was häufig abwertend gemeint ist, ist hier die Wahrheit: Mode ist oberflächlich, weil sie Oberfläche ist. Für politische und gesellschaftskritische Messages. Genauso, wie das „Female Future Force“-T-Shirt der Welt etwas mitteilen will, so tun das auch verrückte Turbane. Sie schreien von den Köpfen der Models: „Wenn auf Fotos nur noch eure Köpfe zu sehen sind, dann muss die Mode eben da oben stattfinden!“ Und recht haben sie, die Designer.

Ob wir all das tragen, können wir immer noch selbst entscheiden. Am Ende bleibt es uns Konsumenten überlassen, welchem Trend wir folgen. Aber es reicht ja schon, Trends wahrzunehmen. Denn sobald die Mode, die wir auf Instagram – sollten wir nicht in der ersten Reihe sitzen – sehen, irgendetwas in uns auslöst, hat sie ihr Ziel erreicht. Dann ist sie in unserem Kopf. Dann kann sie etwas bewegen. Vielleicht irgendwann sogar, dass wir wieder Fotos von unserem ganzen Körper machen, um die Arbeit von Designern mehr wertzuschätzen.

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Bildquelle: Unsplash unter CC0 Lizenz