„Die Kultur der Anderen“: Was ist Austausch, was Aneignung?
Der Begriff der „cultural appropriation“ – zu deutsch „Kulturelle Aneignung“ – taucht in vielen Diskussionen rund um kulturelle Sensibilität auf. Doch worum genau handelt es sich dabei überhaupt und was ist daran so schädlich?
Der Definition nach bezeichnet sie die Übernahme von Bestandteilen einer Kultur durch Individuen einer anderen: Über „Kulturelle Aneignung“ wird aber in der Regel erst dann gesprochen, wenn es sich bei der Kultur, an der sich bedient wird, um die einer Minderheit oder benachteiligten Gruppe handelt – sie findet also immer im Kontext einer Unterdrückung statt.
Das Konzept der „Kulturellen Aneignung“ basiert darauf, dass die angeeignete Kultur ihrem Kontext entrissen wird und dadurch etwa zur Bildung von Stereotypen und Klischees beiträgt. Anders sieht es beim kulturellen Austausch aus, bei dem es um Wertschätzung auf Augenhöhe und das Kennenlernen unterschiedlichster Kulturen geht. Aber kann kultureller Austausch auch dann stattfinden, wenn historische oder aktuelle Unrechtsverhältnisse vorherrschen?
Das Dreadlock-Debakel
Eines der am heißesten diskutierten Beispiele in dieser Debatte ist das Tragen von Dreadlocks: Erst im März wurde eine hellhäutige Musikerin von einer Fridays for Future-Demo ausgeladen, weil sie ihre Haare zu Dreadlocks verarbeiten ließ – diese seien in den USA jedoch ein Widerstandssymbol der Bürgerrechtsbewegung dunkelhäutiger Menschen. Für die lokale FFF-Gruppe war dies daher ein klarer Fall kultureller Aneignung und aus diesem Grund unerwünscht:
„Wenn eine weiße Person also Dreadlocks trägt, dann handelt es sich um kulturelle Aneignung, da wir als weiße Menschen uns aufgrund unserer Privilegien nicht mit der Geschichte oder dem kollektiven Trauma der Unterdrückung auseinandersetzen müssen“
Fridays for Future-Statement (Quelle: WDR)
Ähnlich problematisch können Tattoo-Motive sein: Ob Blackwork-Designs, die von den Stammes-Tätowierungen der Maori inspiriert sind, oder durch hinduistische und Buddhistische Praktiken inspirierte Mandala-Motive. Es handelt sich hierbei um importierte Kultur, die einzig und allein aufgrund ihrer Andersartigkeit und Ästhetik als wertvoll wahrgenommen und präsentiert wird.