Menschen mit tiefer Stimme sind eher dominant – Klischee oder Fakt? © Pexels

Das verrät die Stimme über unsere Persönlichkeit

Und da heißt es, die Augen seien der Spiegel der Seele: Eine Gruppe von Forscher*innen hat herausgefunden, dass sich Aspekte unserer Persönlichkeit aus unserer Stimme ableiten lassen, darunter sexuelles Verlangen und Dominanz.

„Den Charakter kann man auch aus den kleinsten Handlungen erkennen“: Ob die Wissenschaftler*innen bei ihrer Forschung an das Zitat des römischen Philosophen Lucius Annaeus Seneca gedacht haben? Das internationale Forschungsteam hat unter der Leitung der Georg-August-Universität Göttingen untersucht, ob man allein durch Tiefe oder Höhe einer Stimme Rückschlüsse auf den Charakter der Person ziehen kann.

Im Rahmen der Studie, die im „Journal of Research in Personality“ erschienen ist, wurden die Daten von insgesamt 2.217 Teilnehmer*innen (918 Männer, 1.299 Frauen) im Alter von 18 bis 56 Jahren analysiert.

Für das Experiment haben die Testpersonen zunächst Fragebögen ausgefüllt, um die eigene Persönlichkeit zu beurteilen. Die Forscher*innen interessierten sich unter anderem für die Sexualität der einzelnen Personen: das sexuelle Verhalten, ihre Einstellung und ihr Verlangen.

Mit den gesammelten Daten schätzten sie ein, wie dominant, neurotisch, extrovertiert, offen für Erfahrungen, umgänglich und gewissenhaft die Testperson jeweils ist. Um sich nicht allein auf subjektive Bewertungen der Stimme wie „hoch“ oder „tief“ verlassen zu müssen, haben die Forscher*innen Tonaufnahmen der Testpersonen mittels eines Computerprogramms vermessen. So konnten sie die exakte Tonhöhe der Stimme bestimmen und ein objektives, digitales Maß für die Stimmhöhe nutzen.

Was die Stimme verrät – und was nicht

Laut der Studie lässt sich zwischen der tiefe der Stimme und einigen Charaktereigenschaften tatsächlich eine Korrelation feststellen.

  • Menschen mit tieferen Stimmlagen sind dominanter, extrovertierter und häufiger an Sex außerhalb einer Beziehung interessiert.
  • Charakterzüge wie Umgänglichkeit, Neurotizismus, Gewissenhaftigkeit oder Offenheit sind aus der Stimmlage allein weniger klar ersichtlich.

Übrigens: Unterschiede zwischen Männern und Frauen konnte das Team keine feststellen. Für Frauen mit tieferer Stimme gilt also dasselbe wie für Männer mit tieferer Stimme.

Dass die Stimme einer Person unser Bild von ihr prägt, das weiß auch Dr. Julia Stern – Erstautorin und Mitglied der Arbeitsgruppe Biologische Persönlichkeitspsychologie der Uni Göttingen. „Die Stimmen von Menschen können uns stark und unmittelbar beeindrucken“, sagt sie. „Auch, wenn wir nur die Stimme hören – zum Beispiel am Telefon – wissen wir ziemlich schnell, ob wir mit einem Mann, einer Frau, einem Kind oder einer älteren Person sprechen.“

Dabei nehmen wir laut Stern auch bereits wahr, ob die Person interessiert, freundlich, traurig oder nervös klingt – und natürlich, ob sie eine attraktive Stimme hat. „Wir fangen auch an, Annahmen über Vertrauen und Dominanz zu treffen“, erklärt Stern. Und genau diesen Annahmen wollte sie mit dieser Studie auf den Grund gehen.

Können sich also bestimmte Merkmale der Persönlichkeit in der Stimme manifestieren? Zumindest laut dieser Studie scheint die Antwort darauf ja zu sein – auch wenn man nicht alles über eine Person nur anhand des Tons ihrer Stimme erkennt.

Bildquelle: cottonbro auf Pexels; CC0-Lizenz