Ein Mann geht durch eine dunkle Unterführung

#educateyourson: Wo stößt Erziehung an ihre Grenzen?

Warum Erziehung so wichtig ist

Hier geht es nicht nur darum, ob eine gewaltfreie Erziehung praktiziert wird, sondern auch um das Männer- und Frauenbild, das vermittelt wird. Laut der Soziologin Laura Wiesböck ist das auf Dominanz, Kontrolle und Macht basierende traditionelle Männerbild auch in allen westlichen Demokratien noch sehr stark ausgeprägt. Das führt dazu, dass Ärger und Wut bei Männern als Formen des emotionalen Ausdrucks von der Gesellschaft akzeptiert werden. Vor allem, wenn sich – so wie es im Westen aktuell der Fall ist – das Rollenbild etwas wandelt und Frauen sich emanzipieren, verfallen Männer in eine Art Schutzhaltung und greifen auf Gewalt als „typisch männliches Verhalten“ zurück.

Und trotzdem gibt es immer noch Menschen, die nicht verstehen, was an dem vermittelten Bild von Maskulinität toxisch sein soll – darunter sogar vermeintliche Experten wie der kontrovers diskutierte Psychologe Jordan Peterson. Laura Wiesböck erklärt, dass es durchaus problematisch ist, wenn Jungs dahingehend erzogen werden, dass sie sich nicht emotional oder verletzlich zeigen dürfen. Denn dass Männer in der Gesellschaft noch immer keine Schwäche zeigen dürfen, führt dazu, dass sie stattdessen Gewalt anwenden, um mit ihren inneren Konflikten umzugehen. Darum ist es der Soziologin zufolge so wichtig, Verletzlichkeit als Teil des Konzeptes von Männlichkeit zu etablieren.

Und da sind wir genau beim Punkt: Natürlich wird den wenigsten Männern in ihrer Erziehung explizit vermittelt, dass Gewalt gegen Frauen okay ist. Es geht aber um das, was in Äußerungen wie „Mensch Jonas, du heulst ja schlimmer als die Jana“ oder „Ja gut, er ist ja auch ein Junge, Jungs sind einfach wilder“ implizit mitschwingt.

Und dahingehend habe ich sehr wohl den Eindruck, dass in der Erziehung gewisse Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen gemacht werden – im Elternhaus, aber auch in Einrichtungen wie Kindergarten, Hort oder Schule.