Facebook weiß, was du letzten Sommer getan hast – und letzten Winter und den Sommer davor und…
Den meisten ist mittlerweile klar, dass ihre Daten gespeichert werden, egal wohin sie gehen. Das Internet hat so seine Tücken, und wer nicht aufpasst, der riskiert, dass seine Daten für mehr als nur zu Sicherheitszwecken genutzt werden. Facebook speichert und analysiert dein Nutzerverhalten bis ins kleinste Detail.
Das heißt alles, was du anklickst, was du wie lange anschaust und was du speicherst. Wenn du vor 7 Jahren ein Katzenvideo mit einem „Awww“ kommentiert hast, steht es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Datenbank. Und du bekommst Werbung für Katzenfutter. Es ist fast schon erschreckend, was Facebook, Netflix und Co. alles über dich wissen, und wie sie es verwenden, um dich an ihre Produkte zu ketten. Noch ein Grund mehr aufzupassen, was man im Internet postet.
Facebook, mein treuer Begleiter
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die seit Mai 2018 wirksam ist, sieht im Artikel 15 durch das Auskunftsrecht vor, dass Verbraucher Zugriff auf ihre Daten bekommen sollen, wenn sie es verlangen. Da ich wissen wollte, was ich vor ein paar Jahren auf Facebook so getrieben habe, habe ich mir alle meine Daten auf Facebook heruntergeladen (und damit meine ich wirklich ALLE) und habe mich durch 24 Ordner an Daten gekämpft. 24 Ordner, die im Grunde mich und mein Profil ausmachen.
Es ist irgendwie auch überraschend, dass sich quasi mein ganzer Charakter aus diesen Daten herauslesen lässt. Hier finden sich Bücher, die ich gerne lese, Musik, die ich gerne höre, Nachrichten, über die ich mich informiere. Durch die Blume lassen sich dadurch auch andere Sachen herauslesen, wie meine politische Orientierung und ob ich eher intro- oder extrovertiert bin. Durch diese Daten habe ich quasi die letzten 9 Jahre rekapituliert bekommen, seit ich mich im Jahr 2009 das erste Mal registriert habe. 9 Jahre in 24 Ordnern. Manches bringt mich zum Schmunzeln, manches zum Lachen, das meiste lässt mich aber vor Scham rot anlaufen. Zumindest das, was ich gemacht habe als ich noch jünger war. Während andere 11-jährige heutzutage ihren Tagesablauf auf Snapchat posten, habe ich mit 11 laut Facebook „RockYouPets“ gespielt. Zeiten ändern sich.
Big Brother is watching you
Was mir persönlich an meinem Account aufgefallen ist, ist dass die Nutzung in den letzten 3 Jahren ziemlich stark nachgelassen hat, und WhatsApp hat wohl einen beträchtlichen Teil damit zu tun. Ob jetzt das schwindende Interesse oder die schiere Überforderung der Reizüberflutung mit dazukommt, ich weiß es nicht. Facebook ordnet mich unter anderem, abgesehen von generellen Informationen über meinen Account, in folgende Daten:
Seit meinem ersten Eintrittsdatum am Mittwoch, den 15. April 2009 um 20.18 Uhr, habe ich innerhalb von 9 Jahren 3 Mal meine E-Mail Adresse gewechselt, wahrscheinlich um vor Stalkern, Schuldeneintreibern und falschen Passwörtern davonzulaufen. Dazu kommen dann noch alle Apps, die mit Facebook verbunden sind (die somit auch meine Daten haben): Instagram, Spotify, Greencopper, Samsung Apps, Wifi Pro – und übrigens keine der 87 Seiten sind, die ich geliked habe. Ich bin anscheinend auch kein sehr sozialer Mensch, da ich insgesamt gerade mal 30 Freundschaftsanfragen verschickt habe und 51 abgelehnt habe. Davon kamen verstörenderweise 8 Anfragen dazu, die schon auf den ersten Blick pädophile Tendenzen hatten und die ich gelöscht hatte. Creep-Alert!
Und jetzt wird’s interessant: ein Aspekt, den viele mal gerne außer Acht lassen (oder vielleicht auch nur ich), ist Werbung. Sie ist so allgegenwärtig, unauffällig und unterschwellig, dass es gar nicht mehr wirklich auffällt, wie sehr wir davon zugeballert werden. Eine Menge Unternehmen schalten aufgrund meiner Kontaktliste Werbung. Das sind die, bei denen ich irgendwo das falsche Häkchen gesetzt habe: Airbnb, ASOS, Instagram, LG Deutschland, Spotify, Thalia Buchhandlung, The Body Shop, UNiDAYS, Urban Outfitters… zu einem gewissen Teil ist also meine Kontaktliste der Grund für den Müll den ich manchmal angezeigt bekomme. Und ansonsten ist auch von A wie Adidas bis Z wie ZDF heute-show alles dabei. Dabei bin ich doch so standhaft geblieben und habe nur 62 Mal auf Werbung geklickt. Korrigiere: Ich bin nur 62 Mal auf Werbung reingefallen!
Gipfeltreffen zwischen Peinlichkeit und Scham
Aber das Schlimmste, das absolut maximal Peinlichste, die Crème de la Crème der Beschämung sind die Kommentare und Nachrichten. Der erste Kommentar, den mein dichterisches Ich je verfasst hat, war am 20. September 2009, der aktuellste am 19. August 2018 – und auf einer Skala zwischen Supergirl und Idiotgirl bin ich eher bei letzterem. Es rangiert von „OMG DU BIST SO HÜBSCH! Bussi Bussi Herzchen Herzchen HDGDL <3“ (als ich 13 war), bis hin zu „Jetzt hab ich Lust auf Waffeln“ (letzte Woche). Laut Facebook bin ich also auch nicht gerade die hellste Kerze auf der Torte. Dazu kommen die zigtausenden Male, an denen ich Menschen mit meiner Freundschaft genervt habe und sie auf irgendwelchem Unsinn markiert habe. Die Zahl der peinlichen Nachrichten, die ich verschickt habe und eigentlich nie wieder ausgraben wollte liegt bei ungefähr 922.672.861 Millionen – davon gingen wiederum ca. die Hälfte an random Menschen, in die ich mit 14 unsterblich verliebt war, oder auf Reisen kennengelernt habe, kaum etwas an Freunde – von denen man ja normalerweise die Handynummer hat – und die restlichen 49,9% an Familie, die kein WhatsApp hat.
Man sieht also, welche tiefen Einblicke wir Facebook in unser Leben gewähren, und dass es eigentlich auch ziemlich schwierig ist, dem aus dem Weg zu gehen. Wir sind dieses Risiko eingegangen, und wirklich was tun lässt sich dagegen auch nicht, außer seinen Facebook-Account zu löschen. Wer also damit klarkommt und auch mal gerne die Erinnerungsstraße entlangspazieren möchte, geht einfach in seine persönlichen Facebook-Einstellungen zu den Informationen, lädt sich den Ordner herunter und voilà: schon hast du dein ganzes Leben auf Facebook vor dir. Ausprobieren auf eigene (Scham-)Gefahr!
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Bildquelle: Unsplash unter CC0 Lizenz