Was sagt die Wissenschaft zur gendergerechten Sprache? Bild: Unsplash

Gendern: Überflüssige Gleichberechtigung oder Wissenschaft?

Alltägliche Ungleichheit: eine Sache von Leben und Tod

Für Professor Harald Lesch herrscht nicht nur in der Sprache, sondern auch im Alltag eine Ungleichheit der Geschlechter. „Frauen sind umgeben von einer Welt, die sich hauptsächlich nach Männern und deren Bedürfnissen und Normen richtet.“ Dazu führt Lesch ein banales Beispiel an: die langen Schlangen vor öffentlichen Damentoiletten, ausgelöst durch zu wenige Toiletten. Obwohl Männer und Frauen überwiegend gleichlang zum reinen Wasserlassen brauchen (21 Sekunden), müssen Frauen viel öfter vor Toiletten anstehen. Das liegt zum einen an der falschen Platzkalkulation, als auch daran, dass Frauen statistisch viel öfter zur Toilette müssen als Männer – sei es, um regelmäßig Binden oder Tampons zu wechseln oder infolge einer Schwangerschaft – trotzdem sind die öffentlichen Toiletten an die männlichen Standards angepasst. Obwohl das Thema vielleicht für viele nicht wichtig erscheint, zeigt das Beispiel für Harald Lesch ganz klar: „Wenn es uns nicht mal gelingt, bei den alltäglichen Widrigkeiten auf die Unterschiede von Mann und Frau Rücksicht zu nehmen, dann muss es uns auch nicht wundern, dass dort, wo es um Leben und Tod geht, natürlich nur auf den Mann geguckt wird.“

Eine gewagte These, die Professor Harald Lesch aufstellt und sofort schlüssig belegt. 1,3 Millionen Menschen sterben jedes Jahr bei Autounfällen – jedoch ist das Risiko nicht für jeden Menschen gleich hoch. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Autounfall schwer verletzt zu werden, ist für Frauen fast um die Hälfte höher (47 Prozent) als für Männer. Woran das liegt? Um Autos auf ihre Sicherheit zu prüfen, werden Tests mit menschenähnlichen Puppen veranstaltet, sogenannten Dummies. Diese Dummies sind jedoch fast ausschließlich auf die Maße und Konstitutionen eines durchschnittlichen Mannes ausgelegt. Das bedeutet, dass die Unterschiede in Körpergröße oder Muskelstärke zwischen den Geschlechtern überhaupt nicht beachtet werden und möglichen Verletzungen bei Frauen nicht vorgebeugt werden kann.