Oldtimer in Havanna

„Gestrandet“ in Kuba: ein Reisetagebuch

Die Reihe „Gestrandet“ widmet sich einer Welt irgendwo zwischen Karibik und Pazifik, die reich ist an Passion und Sabor; reich an Piña und Granadilla. „Gestrandet“ ist eine Liebeserklärung an das Orange-Rot-Rosa-Lila des Sonnenaufgangs und des Sonnenuntergangs am Meer, und an all die Tage, die zwischendurch ins Land ziehen.

In dieser Ausgabe von „Gestrandet“ dreht sich alles um Kuba – ein Land der Zigarren und Mojitos, in dem sich das Leben in vielerlei Hinsicht noch im vergangenen Jahrhundert abzuspielen scheint.

Kuba war das letzte Land, in dem ich auf meiner Reise durch Lateinamerika „gestrandet“ bin. Und obwohl ich nach knapp vier Monaten Lateinamerika überzeugt davon war, schon mehr oder weniger alles gesehen zu haben, stellte sich in Kuba heraus, dass ich wohl doch noch nicht alles gesehen hatte.

Denn obwohl Kuba außergewöhnliche Autos, traumhafte Strände und Landschaften sowie leckere Cocktails und Zigarren zu bieten hat, ist es nicht nur das Tropenparadies, das man sich vielleicht vorstellt.

Kuba war auf meiner gesamten Reise das einzige Land, in dem ich tatsächlich so etwas wie einen Kulturschock erlebt habe. Ich war darauf eingestellt, dass Kuba anders werden würde.

Aber ich war nicht auf die Straßen Havannas vorbereitet – in vielerlei Hinsicht. Ich war nicht darauf vorbereitet, dass man alle fünf Meter von einem Geruch ereilt wird, der dafür sorgt, dass einem die letzte Mahlzeit wieder hochkommt (vorausgesetzt, man hat überhaupt eine gefunden, denn Restaurants gibt es in Kuba wahrlich nicht viele). Ich war nicht darauf vorbereitet, dass in der Altstadt jedes zweite Haus so alt ist, dass es einsturzgefährdet ist und die Menschen darin hausen müssen wie im Mittelalter. Und vor allem war ich nicht darauf vorbereitet, von den Männern in den Straßen Havannas belästigt zu werden.

Es ist keine Übertreibung, wenn ich sage, dass ich mindestens hundertmal auf niederträchtigste Weise angemacht wurde, wenn ich zwei Stunden durch die Stadt gelaufen bin. Kuba war das einzige Land, in dem ich mich als Frau je dauerhaft von fremden Männern in meiner Freiheit und in meinem Wohlbefinden eingeschränkt gefühlt habe. Der einzige Ort, an dem ich das Gefühl hatte, dass es wirklich einen Unterschied macht, ob man ein Reisender oder eine Reisende ist.  

Aber das allein sagt natürlich noch recht wenig über das Land aus.

Cuba Libre?

In diesem Abschnitt geht es nicht um den Longdrink, sondern um die Zustände in Kuba – und darum, inwiefern das Land frei ist. Für die sozialistische Revolution im Jahr 1959 ist vor allem die Stadt Santa Clara bekannt. Dort findet man an gefühlt jeder Ecke eine Hommage an Che Guevara: neben Fidel und Raúl Castro die Leitfigur der sozialistischen Revolution in Kuba. Offiziell wird er noch immer als Volksheld verehrt. Wie das Volk das mittlerweile sieht? Dazu später mehr.   

Das erste Mal, als ich ein Bild von Che Guevara gesehen habe, war ich vielleicht 13. Und zwar war das auf der Cariba Cola – wohl eine eher unbekannte Marke, aber in diesem einen Laden in meiner Heimatstadt gab es diese Cola immer zu kaufen. „Hasta la victoria siempre“, stand da auf diesem Etikett über dem Gesicht von Che Guevara. Bis zum ewigen Sieg.

Bevor ich nach Kuba geflogen bin, habe ich mir ein paar Reiseblogs durchgelesen, und bin dabei oft auf den Satz gestoßen, dass man in Kuba glauben könnte, die Welt sei noch in Ordnung.