Greenwashing verboten: Kehrtwende durch Urteil in Stuttgart?

Wer etwas erfolgreich verkaufen will, braucht vor allem eins: ein gutes Image! Ein Weg, sich eines aufzubauen, war bislang häufig das Werben mit Klimaneutralität. In Sachen Greenwashing gibt es nun ein neues Urteil vom Landgericht Stuttgart: Einem Mainzer Unternehmen wurde verboten, sein Produkt missverständlich als „klimaneutral“ zu bewerben.

Klimaneutralität – was heißt das eigentlich? Die meisten verstehen darunter, dass bei der Produktion einer Ware kein überschüssiges CO2 entsteht. Heißt im Klartext: Was ausgestoßen wird, wird an anderer Stelle kompensiert. Da dies aber meist nur von den Hersteller*innen selbst überprüft wird, kann theoretisch jedes Unternehmen behaupten, klimaneutral zu sein – auch, wenn das beworbene Produkt eigentlich gar nicht klimaneutral hergestellt wird (mehr dazu kannst du in diesem Artikel von uns nachlesen). In solchen Fällen spricht man dann von „Greenwashing“.

Auseinandersetzung vor dem Landgericht Stuttgart

Der Mainzer Putzmittelhersteller Werner & Mertz will es nun aber schwarz auf weiß: Ab wann darf ich ein Produkt als klimaneutral bewerben? Welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein? Für den geschäftsführenden Gesellschafter von Werner & Mertz, Reinhard Schneider, ist es ein weiterer Prozess im Kampf gegen irreführende Werbung mit Klimaneutralität. Im vergangenen Jahr hatte er vor dem Landgericht Frankfurt zwei ähnliche Prozesse geführt. Das Stuttgarter Urteil kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: „Klimaneutralität“ muss ausreichend belegt sein, andernfalls darf nicht damit geworben werden.

Im Rahmen des Urteils wurde dem ebenfalls in Mainz ansässigen Unternehmen Hygreen daher verboten, einen Essigreiniger als „klimaneutral“ zu bewerben. Als Gründe hierfür werden lückenhaften Berechnungen des Herstellers und ein unzureichender CO2-Ausgleich genannt. Dieser finde nämlich „ausschließlich durch Kompensationsmaßnahmen“ in Form von CO2-Zertifikaten statt, was laut Gericht nicht genügt, um das Putzmittel ohne Weiteres als „klimaneutral“ zu bewerben. Nach Aussage des Geschäftsführers von Hygreen ist das Urteil aber noch nicht rechtskräftig (Stand 23.01.2023 – 16:49 Uhr).

Ein europaweites Problem

Gegen Greenwashing will auch die EU-Kommission vorgehen, seitdem bei einer Überprüfung durch die europäischen Verbraucherschutzbehörden im November 2020 festgestellt wurde, dass viele „grüne“ Werbeversprechen schlicht nicht eingehalten werden konnten. Demnach waren 42 Prozent der Werbeaussagen entweder übertrieben, falsch oder irreführend. 58 Prozent konnten wissenschaftlich nicht ausreichend belegt werden.

Greenwashing ist nicht nur aufgrund der offensichtlichen Kundentäuschung ein ernstes Problem. Es schwächt zudem das Vertrauen in solche Siegel – egal, ob ein Produkt dieses verdient oder nicht. Daher liegt es auch im Interesse der Industrie, unmissverständliche Standards zu schaffen. Das Urteil vor dem Landgericht Stuttgart könnte ein erster Schritt in diese Richtung sein.

Die Informationen in diesem Artikel stammen (falls nicht anders angegeben) aus folgenden FAZ-Beiträgen:

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Bildquelle: Foto von ready made via Pexels