Nachhaltigkeit: Alles eine Frage des Images?
Wenn man nach einem langen Arbeitstag in der Dusche steht und den angenehm heißen Wasserstrahl genießt, dann erklingt oft die Stimme im Kopf, die einem ein schlechtes Gewissen einflüstern will: „Schau nur wie viel Wasser du beim Duschen verbrauchst, während in Italien grade Wassermangel ist…“ Oder wenn man im Supermarkt steht und sich überlegt, welches Waschpulver oder Lebensmittel man nimmt. Am besten die, wo ganz groß draufsteht „nachhaltig“, „umweltschonend“, „klimafreundlich“ oder „fair“. Dann sind da zudem noch ein paar Labels drauf, die nochmal betonen, dass die Unternehmen wirklich nachhaltig sind. Das Produkt wird eingepackt und das schlechte Gewissen kommt zum verstummen.
Spätestens seit den Friday-for-Future Klimastreiks hat die Klimadebatte jeden von uns erreicht. Es entstand ein Umdenken bei den meisten Verbraucher*innen. Man will weg von Plastikmüll, Massentierhaltung und anderen klimaschädlichen Produkten. Stattdessen setzt man Wert auf Mehrfachverwertung von Verpackungen, Reduzierung bis Verzicht von Fleischkonsum und Umsteigen auf klimafreundliche Produkte. Dieser Wertewandel durchzieht die ganze Gesellschaft und spielt besonders in der jüngeren Generation eine wichtige Rolle.
Mit dem Wertewandel ist auch ein bestimmter Lebensstil verbunden. Dieser ist von Achtsamkeit für Mensch sowie Natur und ökologisch bewusstem Handeln geprägt. Es ist populär nachhaltig zu leben und klimafreundlich zu sein. Das ist an für sich ein sehr positiver Wandel, denn es ist wichtig, Verantwortung zu übernehmen und sich über die Konsequenzen seines Handelns bewusst zu sein. Die Kehrseite des Ganzen sieht aber so aus, dass man mit Druck und einem schlechten Gewissen konfrontiert ist, wenn man im Supermarkt zu Plastiktüte greift, weil man seinen Beutel vergessen hat und die Einkäufe sonst nicht nach Hause bekommt. Egal ob durch einen kritischen Seitenblick an der Kasse oder einen fiesen Instakommentar, man hat Sorge einem bestimmten Image nicht gerecht zu werden. Denn wie nachhaltig eine Person nach außen scheint, ist alles eine Frage des Images.
Diesen Wertewandel und das Image der Nachhaltigkeit haben auch Unternehmen erkannt und sich zu eigen gemacht. Denn auch diese legen bei ihren Produkten den Fokus auf Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit. In Zuge dessen kommt auch der Begriff des „Greenwashings“ auf. Das bedeutet, dass Unternehmen durch ihr Marketing gezielt ein ökologisches Image aufbauen, dieses aber nicht der tatsächlichen Situation entspricht.
Um die Nachhaltigkeit, Klimafreundlichkeit oder Fairness eines Produktes einzuordnen, haben sich Eco-Labels immer mehr etabliert. Sie dienen dazu, dem Verbraucher zu helfen, Produkte einzuschätzen und eine begründete Kaufentscheidung zu treffen. Mittlerweile gibt es aber eine Vielzahl an verschiedensten Labels, die einem alle signalisieren, wie nachhaltig und toll das jeweilige Produkt ist. Vor allem springen sie genau auf das schlechte Gewissen der Verbraucher*innen an: „Kauf unser Produkt, dann tust du was Gutes für die Umwelt und brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben“
Problematisch ist, dass auf Produkten oft eigene Siegel zu sehen sind, die nicht von einer offiziellen Vergabestelle kommen. Sie vermitteln aber den Eindruck eines nachhaltigen Produktes, besonders wenn man sich bei den Siegeln nicht auskennt. Auch mit der Verpackungsgestaltung kann man viel bewirken. Wichtig zu wissen ist aber, dass Begriffe wie „nachhaltig“ oder „klimaneutral“ nicht rechtlich geschützt sind und keine rechtliche Bindung für den Hersteller haben. Das bedeutet, dass jedes Unternehmen auf seine Produkte diese Begriffe draufschreiben darf – egal ob es stimmt oder nicht. Man sollte sich trotzdem als Verbraucher*in nicht in die Irre führen lassen. Denn das, was in der Werbung gezeigt wird oder gezielt vom Unternehmen nach außen getragen wird, muss nicht immer der tatsächlichen Realität entsprechen.
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Bildquelle: Alena Koval via Pexels, CC0-Lizenz