Die Genration Z sehnt sich nach Vertrauen in der Beziehung

Zwischen Druck und Freiheit: Wie es ist mit Anfang 20 noch keine Beziehung gehabt zu haben

„Man fühlt sich schon komisch und ich leide auch irgendwie darunter“, erzählt Marie. Sie ist Jungfrau und war bisher noch in keiner Beziehung. Damit ist sie aber Sinnbild einer ganzen Generation: Die Gen Z ist später dran und teilt andere Werte als ihr Vorgänger. „Anfang 20 ist trotzdem spät“, sagt Marie. „Später als die meisten.“ Zwischen Druck und Freiheit: Drei junge Frauen erzählen.

Marie ist 22 Jahre alt, studiert Jura und geht gerne aus. Macht all das, was die anderen in ihrem Alter eben auch tun. „Nur mit dem Unterschied, dass es bei mir nicht um Jungs geht“, erzählt sie. „Leider.“ Marie hatte bisher noch keine Beziehung. „Eigentlich habe ich gar keine Erfahrung.“ Sie seufzt. „Nicht mal einen Kuss.“ Marie leidet darunter diese Erfahrungen bisher nicht gemacht zu haben. Es fehlt ihr einfach zu wissen, wie sich das anfühlt. Ein Kuss, eine Berührung, sich irgendwie begehrt zu fühlen. „Langsam ist es mir schon auch ein bisschen peinlich“, erzählt Marie.

So spät ist Marie aber gar nicht dran. Eine Studie zur Jugendsexualität der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ergab, dass immer mehr Jugendliche später ihr erstes Mal haben. Prof. Dr. med. HeidrunThaiss, Leiterin der BZgA, erklärt: „Im Alter zwischen 14 und 16 Jahren geben deutlich weniger Mädchen und Jungen an, sexuelle Erfahrungen gemacht zu haben als noch vor zehn Jahren.“ Aber woran liegt das?

„Ich bin einfach ein Kopfmensch“, sagt Marie. Sie merkt wie sie immer unentspannter wird, nennt es Teufelskreis. „Ich habe das Gefühl keiner interessiert sich für mich, verschließe mich, lerne erst recht niemanden kennen, ärgere mich und verschließe mich noch mehr.“

In der Studie der BZgA gaben die Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren auf die Frage nach den Gründen an, dass zu 55% der oder die Richtige bisher einfach gefehlt hätte. Das zeigen auch die Ergebnisse der Shell-Jugendstudie aus dem Jahr 2019. Ein fester Partner, dem man vertrauen kann, ist Priorität bei den Jugendlichen.

„Ich will halt nicht einfach irgendwen“, sagt auch Vanessa. Die 21-jährige Studentin möchte sich bei jemandem geborgen fühlen. Erst dann kommt Sex oder eine Beziehung in Frage. „Das einzige, was ich gemacht habe, ist mit ein paar Jungs zu schreiben. Und das waren nur komische Typen aus der Uni, auf die ich keinen Bock hatte.“ Es gab bisher einfach niemanden, zu dem Vanessa sich hingezogen gefühlt hat. „Ich finde Dinge schnell unattraktiv und bin schon sehr wählerisch.“

Die ganze Generation Z wird als anspruchsvoller definiert. Ihr ist Struktur wichtig. Aber auch Individualität und Selbstverwirklichung spielen eine große Rolle.

Das ist auch Vanessa sehr wichtig. „Es ist einfach ein gutes Gefühl frei zu sein“, sagt sie. „Ich nehme mir selbst keine Möglichkeiten und Chancen.“ Vanessa möchte nach ihrem Bachelor vielleicht im Ausland arbeiten oder weiterstudieren. Vielleicht aber auch nicht. Und sie muss diese Entscheidung von niemandem abhängig machen. „Druck mache ich mir gar nicht“, erzählt sie. „Wieso auch?“

Kaja hingegen hat sich in manchen Situationen schon unwohl gefühlt. Die 21-Jährige studiert Medien und Kommunikation. Auch sie hatte noch nie eine ernsthafte Beziehung oder Sex. „Das ist schon blöd bei Trinkspielen zum Beispiel. Wenn dann alle trinken können – nur du nicht.“ Manchmal ist sie auch unsicher. Unsicher, ob sie sich auf jemanden einlassen soll oder nicht. „Irgendwie ist es schon so eine Art Schamgefühl, wenn man dann noch Jungfrau ist. Auch wenn es das nicht sein sollte. Ich weiß ja nicht, was mein Gegenüber davon hält.“ Aber beim Thema Beziehungen ist sich Kaja sehr sicher: „Ich bin froh, dass es so ist. Bevor ich jemand anderen geliebt habe, habe ich gelernt mich selbst zu lieben – und das ohne Bestätigung von einem Mann.“ Und vor allem will auch Kaja nicht einfach irgendwen. Sie möchte jemanden, dem sie vertraut. Jemanden, der an die Figuren in den Romanen und Filme herankommt, die sie liebt. „Es ist so ein Zwiespalt“, sagt Kaja. „Auf der einen Seite ist es toll frei und selbstständig zu sein. Auf der anderen ist es manchmal dann doch irgendwie ernüchternd.“

Aber Marie, Vanessa und Kaja sind sich einig: Sie vertrauen sich und ihren Körper nicht einfach irgendwem an. Durch die Zeit als Single kennen sie ihren Wert und wissen, wer sie sind. Und wenn der Richtige kommt, dann sind sie bereit. Bereit für eine Beziehung auf Augenhöhe.

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Bildquelle: Josh Willink auf Pexels; CC0-Lizenz