Ein Jahr als Angestellter bei H&M

Der Black Friday und das Weihnachtsgeschäft

Meine Kassenschulung war im November, also kurz vor Black Friday und Weihnachtsgeschäft. In dieser Zeit des Jahres wird im Einzelhandel der meiste Umsatz generiert. Das heißt aber auch, dass in dieser Zeit die meisten Kund*innen die Filiale aufsuchen. Da winken schließlich besonders viele Angebote und ein paar echte Schnäppchen. Für uns ist der erhöhte Andrang eine riesige Zusatzbelastung, auch wenn sich der Aufwand in den Zahlen wieder lohnt: Die Kassen befinden sich im Dauerbetrieb und auf der Fläche tummeln sich die Kund*innen zwischen den zahlreichen Kleiderständern. Die darauffolgende Unordnung ist vorprogrammiert und du kannst als Mitarbeiter*in kaum etwas dagegen tun. Wenn du irgendwo aufräumst, dann kannst du dir sicher sein, dass du in 5 Minuten wieder einen Saustall vorfinden wirst. Oft habe ich mich gewundert, wie es ein Kleidungsstück von einem Ende der Filiale zum anderen schafft und wieso es anscheinend sehr wenige Kund*innen überhaupt interessiert, wie viel Unordnung sie hinterlassen. So liegen Kleidungsstücke auf dem Boden oder hängen wild in den komplett falschen Abteilungen (manchmal sogar im falschen Stockwerk). Zum Teil verstecken Kund*innen sogar einzelne Teile zwischen oder hinter anderen Kleidungsstücken, fragt sich nur, ob vor uns oder anderen Kunden. Spoiler: Wir finden sowas immer, das ist unser Job! Es ist nur verdammt nervig. Das war für meine Kolleg*innen, die den Job schon seit Jahren machen, nicht überraschend, mich hat es aber zu Beginn sprachlos zurückgelassen. Keine Überraschung, aber trotzdem anstrengend wohlgemerkt. Dann gibt es noch das Chaos in den Anproben. Dort liegen manchmal 25 Teile in einer einzelnen kleinen Kabine. Ja, „liegen“ ist richtig, denn oft machen sich Kunden nicht mal die Mühe, die Sachen wieder aufzuhängen. Meistens wird alles wild auf einen Haufen geworfen und damit die Kabine für die nächsten Kund*innen nutzbar sind, müssen wir den Unordnungsstifter*innen dann immer hinterherräumen. Bei der Kundenfrequenz kommst du dann irgendwann einfach nicht mehr nach, auch mit Vollbesetzung. Somit bleibt auch nach Ladenschluss ein Berg an zu bearbeitender Ware. Das bedeutet dann, dass Feierabend erst um rund 22 Uhr ist, anstatt wie sonst üblich zwischen 20:30 Uhr und 21 Uhr. Selbst dann bleibt häufig noch etwas für die Kolleg*innen der Frühschicht des nächsten Werktages übrig.

Sowas sind natürlich Ausnahmefälle (zumindest waren sie es vor Corona) und geschehen außerhalb großer Sales sehr selten. In kleinerem Ausmaß läuft jedoch jeder Samstag so ab, da zieht es die meisten Leute in die Läden – verständlich, schließlich haben da die meisten Zeit zum Shoppen.

Arbeit mit Corona

Die Corona-Pandemie hat die Lage nochmal komplett umgekrempelt: Um Hygienevorschriften einhalten zu können, mussten wir die Kunden am Eingang zählen, sodass wir gemäß unserer Ladenfläche nie mehr als 80 Kund*innen (laut den Bestimmungen im Frühling und Sommer 2020) gleichzeitig im Geschäft haben. Das regelmäßige Desinfizieren des Kassenbereichs und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes kamen noch hinzu. Da wir uns außerdem in Kurzarbeit befanden, waren wir im Durchschnitt weniger Kolleg*innen als üblich mit erhöhtem Arbeitsaufwand und dem neuen, ungemütlichen Faktor Maske. Und plötzlich war unsere Filiale zudem viel frequentierter als vor Corona. Vom Umsatz her hat sich das, zumindest für unseren Standort, gelohnt, eine erhöhte Dauerbelastung war es dennoch.