Fühlen

Hochsensibel: Warum fühle ich so viel?

Um hochsensible Menschen ranken sich viele Mythen. Reizbar sollen sie sein und schnell überfordert mit ihrer Umwelt. Aber stimmt das überhaupt? Oder sind Hochsensible vielleicht einfach feinfühliger und empathischer als andere Menschen?

Ich hasse Städte. Das kann ich hier problemlos so sagen. Das heißt aber nicht, dass ich nicht gerne mal zum Shoppen in die Innenstadt fahre, nur bin ich danach eben auch froh, wenn ich wieder Zuhause bin. Städte überfordern mich maßlos. Sie sind laut, dreckig und rücksichtslos. Und irgendwie auch kein sonderlich lebensfreundliches Umfeld. Dennoch sehe ich mich nicht dauerhaft auf dem Dorf wohnen. Ich bin quasi das Klischee meiner Generation. Haus mit Garten, irgendwo am Stadtrand. Nicht mehr als 10 Minuten zu Fuß ins Grüne und nicht länger als 15 Minuten mit der Bahn in die Stadt. Das wärs.

Mit meiner Abneigung gegenüber Städten stehe ich sicher nicht allein da und doch gibt es Menschen, die mit stressigen und reizüberflutenden Situationen noch schlechter umgehen können als ich. Diese Personen bezeichnen sich als hochsensibel. Doch was bedeutet das eigentlich? Und hat Hochsensibilität nur schlechte Seiten?

Wovon reden wir hier eigentlich?

Hochsensibilität bezeichnet ein Persönlichkeitsmerkmal, welches durch eine intensivere Wahrnehmung von Reizen gekennzeichnet ist. Dabei geht es jedoch nicht nur um negative Reize wie Straßenlärm, Schmerzen oder Kreide auf der Tafel, sondern auch um die schönen Dinge im Leben wie Musik, Kunst oder Berührungen. Jedoch geht es bei HSP nicht nur um die Wahrnehmung von Umweltreizen. Auch Emotionen erleben hochsensible Menschen intensiver, und zwar nicht nur die eigenen, sondern auch die von ihren Mitmenschen. Dass das sehr anstrengend werden kann, können wir uns sicher alle gut vorstellen.

Man schätzt, dass etwa 20 – 30 % der Menschen von Hochsensibilität (HSP) betroffen sind. Wissenschaftlich gesehen spricht man jedoch nicht von HSP, sondern von ,SPS‘ (Sensory Processing Sensitivity) oder Environmental Sensitivity. Bei Hochsensibilität handelt es sich also lediglich um den umgangssprachlichen Begriff für ein wissenschaftlich beobachtbares Phänomen. Eine Persönlichkeitsausprägung. Vergleichbar mit Introversion oder Extraversion. Somit sollte HSP auch nie als psychische Störung betrachtet werden, sondern eher als Temperament, welches Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereiche haben kann.