„Be the change!“ – Interview mit Nachwuchs-eSportlerin Melanie
Auf dem Papier klingt kaum eine Sportart so chancengleich wie der eSport: Die körperliche Fitness, wenn auch nicht ganz zu vernachlässigen, spielt keine große Rolle – Reflexe, Präzision und Teamplay entscheiden das Ende einer Partie. Die Wirklichkeit sieht leider oft anders aus.
Wir reisen fünf Jahre in die Vergangenheit, wo die Amerikanerin Maria Creveling (Remilia) eSport-Geschichte geschrieben hat: Sie war die erste Frau und Transgender-Person, die in der amerikanischen Profi-Liga des Spiels League of Legends, der NA LCS, gespielt hat. Ihr Debüt feierte sie beim Spring Split 2016 als Support-Charakter bei den Renegades. Nach nur ein paar Wochen in ihrer ersten Saison nimmt sie jedoch eine plötzliche Auszeit vom Profispielen. Die Gründe waren der hohe Leistungsdruck auf der Bühne und Online-Belästigung, die eigenen Aussagen nach zu Angstzuständen, Stress und Problemen mit ihrem Selbstbewusstsein führten. Im Jahr 2017 gab sie ihre Profi-Karriere dann endgültig auf, um Twitch-Streamerin zu werden. Nicht, weil sie nicht das Zeug dazu gehabt hätte – durch ihre meisterhafte Beherrschung des Charakters Thresh hat sie sich im Laufe ihrer Karriere die Spitznamen „Madwife“ und „Thresh Queen“ verdient und selbst nach ihrem Abgang hat sie dem Spiel nicht ganz den Rücken gekehrt. Im Jahr 2019 ist sie dann mit viel zu jungen 24 Jahren friedlich im Schlaf verstorben.
Wieso diese lange Einleitung? Nun, Remilias Fall steht exemplarisch für viele Frauen, die sich im eSport behaupten wollen – mal mehr, mal weniger. Umso besser, dass im Rahmen von Events wie dem Equal eSports Festival der Deutschen Telekom jungen und vielversprechenden Gamerinnen die Chance gegeben wird, zusammen mit Profis zu trainieren und Aufklärungsarbeit zu leisten. Wir haben uns mit Melanie Maurer, einer der am Festival teilnehmenden Spielerinnen, unterhalten können.
ZEITjUNG: Was war der Punkt, an dem du eine Karriere im eSport in Betracht gezogen hast?
Melanie: Das hat tatsächlich sehr lange gedauert. Ich kenne League of Legends (LoL) seit Season 3 (2013), aber damals hat man sich da halt nur mit Freunden nach der Schule getroffen und zusammen gezockt. Ich kannte eSport zwar schon von Twitch her und hab mir das immer angesehen, mich sonst aber nicht wirklich damit beschäftigt. Dann durfte ich auf der Gamescom 2019 – sonst war ich eher als Cosplayerin dort – bei einem Showmatch mitspielen, das war auf der Bühne beim eTrophy Turnier von der Telekom. Das war einfach so ne geile Erfahrung und es hat einfach so hammermegaviel Spaß gemacht! Das war der Punkt, an dem ich wusste, dass ich das auch kann und will. Ich wollte unbedingt wieder auf einer Bühne spielen. Und bei den Leuten dort hatte ich nicht unbedingt das Gefühl, dass ich diskriminiert oder anders behandelt wurde, nur weil ich eine Frau bin.