Felix Lamprecht, Luis Haber und Felix Sumbert

„Man muss sich rechtfertigen“: Junges Engagement in der Kirche

Felix Sumbert (25), Luis Haber (25) und Felix Lamprecht (20) sitzen im Pfarrgemeinderat der Kirchengemeinde Freiburg Südwest – und sind ziemlich sauer auf die katholische Kirche. Deshalb haben sie im Frühjahr dieses Jahres einen Brief an den Erzbischof ihrer Diözese verfasst, in dem sie ihre Unzufriedenheit schildern und Forderungen an die Kirche stellen. Daraufhin haben sie sich mit ihm zum Gespräch getroffen – und weil ihnen das nicht gereicht hat, gleich noch einmal. Ein Gespräch darüber, was sie bewegt, was sich an der Kirche ändern muss und was sie dennoch in der Kirche hält.

Es ist ein herbstlicher Dienstagnachmittag, mir gegenüber sitzen Luis Haber und Felix Sumbert, beide mit einer Tasse Kaffee vor sich. Uns per Video zugeschaltet ist Felix Lamprecht aus seinem Studienort Konstanz.

Über die Jugendarbeit seid ihr in das Engagement in der katholischen Kirche hineingerutscht, mittlerweile sitzt ihr im Pfarrgemeinderat eurer Kirchengemeinde. Was bewegt euch, euch in der Kirche zu engagieren?

Luis Haber: Was mich dazu bewegt, ist die Gemeindeebene. Wir können uns mit der großen deutschen Amtskirche nicht besonders gut identifizieren und ich würde mich auch niemals für diese Institution engagieren. Aber auf Gemeindeebene haben wir sehr viel Gutes erfahren, über die Jugendarbeit, über das Ministranten-Dasein, über die Zeltlager, die Gruppenstunden, man ist da hineingewachsen. Auf Gemeindeebene läuft so vieles Gut, die Gemeinschaft ist so schön und wir haben so viele tolle Freunde und Menschen kennengelernt, dass ich mich dafür sehr gerne engagiere, aber eben für die Gemeinde und nicht für die Amtskirche.

Felix Sumbert: Bei mir ist es ähnlich. Ich bin seit Kindheit an in der Gemeinde verwurzelt und dann irgendwann von unserem Pfarrer angesprochen worden, ob ich nicht für den Pfarrgemeinderat kandidieren möchte, da war ich 18. Dann dachte ich „Okay, wieso eigentlich nicht?“, und so bin ich dann auch da hineingerutscht. Ich tue es für die lokale Gemeinde, um hier Dinge mitzugestalten, das am Leben zu halten. Mit der Amtskirche und ihren Ansichten habe ich dagegen so meine Probleme.

Felix Lamprecht: Bei mir war es ein ähnlicher Start, nur ein paar Jahre später. Ich wurde von unserem Pfarrer gefragt, ob ich in den Pfarrgemeinderat möchte, und habe mich dann entschlossen, mich aufzustellen, primär als Repräsentant für die Jugendarbeit, die Gruppierungen und die jungen Leute.

Es heißt gleich: „Wie, du engagierst dich in dem Verein, was hält dich denn da, wieso tust du dir das an?“ Man wird direkt konfrontiert damit.

Felix Sumbert

Ihr habt konkret die Amtskirche angesprochen und dass ihr euch mit ihr nicht identifizieren könnt. Was wäre etwas Konkretes, was gerade richtig falsch läuft? Was macht euch richtig sauer, wenn ihr an die katholische Amtskirche denkt?

Sumbert: (lachend) Wir könnten den Spieß auch umdrehen und mal fragen, was denn richtig läuft.

Haber: (lachend) Naja, so würde ich es jetzt auch nicht sagen. Ich finde, bei all der Kritik, die wir geübt haben, wir haben in unserem Brief ja einige Sachen aufgezählt, läuft ja auch vieles gut. Also, die Kirche tut ja auch viel Gutes, auch die Amtskirche. Aber was, glaube ich, bei uns die Entwicklung des Ganzen angestoßen hat, warum sich da bei uns so viel aufgestaut hat, waren verschiedenste Schlagzeilen und Dinge: Dass Frauen nicht in Weiheämter dürfen, die Missbrauchsfälle. Und was dem Ganzen die Krone aufgesetzt hat, war, als aus Rom die Meldung kam, dass homosexuelle Paare nicht mehr gesegnet werden dürfen. Man könne Sünde nun mal nicht segnen. Und da haben wir gesagt: „So, jetzt reichts, da haben wir keine Lust mehr, das mitzutragen.“ Man kann Autos und Gebäude segnen, aber homosexuelle Paare scheinbar nicht? Wir haben das Gefühl, nach außen muss man sich immer rechtfertigen, warum man sich für diese Institution engagiert. Und wir unterscheiden nun mal stark zwischen der Amtskirche, der wir nur sehr wenig abhaben können, und der Gemeinde, bei der ja vieles gut läuft. Aber diese Ansichten und Vorfälle in der Amtskirche, das geht einfach gar nicht.

Sumbert: Das ist ganz extrem so, muss ich sagen. Auf der Arbeit versuche ich immer rauszuhalten, dass ich in der Kirche bin und mich da engagiere. Sobald man da erwähnt, was man so in seiner Freizeit macht, heißt es gleich: „Wie, du engagierst dich in dem Verein, was hält dich denn da, wieso tust du dir das an?“ Man wird direkt konfrontiert damit. Und das hat sich schon ziemlich verändert in den letzten Jahren.

Lamprecht: Die fehlende Demokratie ist auch etwas, was mich stört, dass es einfach kein demokratisches Verständnis gibt, und dass das auch niemand fordert. Das ist etwas, was mich persönlich sehr stört. Ich habe mich aus meinem demokratischen Verständnis ja überhaupt erst für den Pfarrgemeinderat aufgestellt. Und deshalb habe ich auch an dem Brief an den Erzbischof mitgeschrieben, der dann einige Sachen nach sich gezogen hat. Ich hatte das Gefühl, dass ich als demokratisch gewähltes Pfarrgemeinderats-Mitglied die Interessen meiner Wähler*innen vertreten muss. Aber in den höheren Ebenen der Kirche gibt es dieses demokratische Verständnis irgendwie nicht.