Zwei Kinder gehen und halten sich im Arm

Können wir unsere besten Freund*innen einfach ersetzen?

Endlich die Schule geschafft, die Ausbildung fertig oder den Bachelor in der Tasche. Jetzt hast du mit deinen Freunden große Pläne: ab ins Ausland, oder zumindest zusammen irgendwo eine WG gründen. Ihr malt euch die schönsten Erlebnisse aus, seht euch schon auf sämtlichen Kontinenten the time of your life haben oder einfach nur auf eurem Balkon zusammen den Sommer genießen.

Ein Abschied, aber nicht für immer

Tja, die Realität schlägt aber meistens nicht den Weg ein, den unsere Träume und Wünsche gehen. Und so bekommst du zwar eine Zusage für deinen Traum-Job oder dein Wunsch-Studium, doch dazu müsstest du erstmal 400 Kilometer weit weg ziehen. Platzt jetzt dein Traum von „Freunde für immer“? Irgendwie schon ein komisches Gefühl, wenn du daran denkst, so ganz ohne deine alten Freunde in eine neue Stadt zu ziehen. Nicht mehr jedes Wochenende gemeinsam durch die Straßen ziehen, kein spontanes Feierabendbier, kein Ich-komm-kurz-vorbei-und-muss-dir-was-erzählen. Und du fragst dich: Was wird aus euch und eurer Freundschaft werden?

Es ist eben anders, wenn du deine Freunde nicht mehr jeden zweiten Tag triffst, sondern ihr höchstens alle zwei Monate einmal eine Gelegenheit findet, an der alle Zeit haben. Irgendjemand sagt dann sowieso kurzfristig ab. Klar, sobald ihr wieder alle gemeinsam in eurer alten Lieblingsbar sitzt und euch gegenseitig einen Schnelldurchlauf durch euer Leben bietet, scheint es so wie früher. Aber es ist eben nicht alles so wie früher.

Alte Freundschaften: Dein nicht ganz so neues, altes Leben

Ihr seid nicht mehr in so engem Kontakt und erzählt euch nicht mehr sofort jedes kleinste wichtige und auch unwichtige Detail. Eure ehemaligen besten Freunde sind nicht mehr die ersten, denen du erzählst, wann du mit wem auf welcher Party rumgemacht hast. Oder welches Buch du gerade liest und wie anstrengend Arbeit und Studium gerade sind. Erst telefoniert ihr noch einmal die Woche, dann einmal im Monat, dann gratuliert ihr euch noch zum Geburtstag. Irgendwann einmal zwischen dem Nachmittagskaffee und dem Weg zur Bahn denkst du noch kurz daran, dich mal wieder zu melden, doch bis du dein Vorhaben tatsächlich in die Tat umsetzt, vergehen locker eben mal fünf Tage. Und die Antwort auf deine kurze Textnachricht lässt genauso lange auf sich warten.

Und irgendwie plagt dich das schlechte Gewissen: Darf ich meine besten Freunde überhaupt einfach so ersetzen?

Es wäre übertrieben, zu sagen, du hättest dir in einer neuen Stadt ein neues Leben aufgebaut. Du hast dich eben verändert und deine Freunde aus der Schulzeit haben es auch getan. Niemand ist vor der Zeit sicher, ihre Spuren hinterlässt sie überall. Vielleicht bemerkst du nach ein bisschen Abstand, dass du dich mit deinem Kumpel, mit dem du acht Jahre lang die Schule unsicher gemacht hast, nicht mehr so gut verstehst. Vielleicht lebt ihr mittlerweile einfach in zwei verschiedenen Welten und während du dich freust, dass deine Döner-Stempelkarte fast voll ist und das Geld dieses Mal bis zum Ende des Monats reicht, macht er sich Gedanken, in welche Aktien er demnächst investieren und ob er lieber mit dem SUV oder dem Sportwagen seine Kinder abholen soll.

Freundschaft kommt ohne Mindestbestellwert

Aber das macht nichts. Du hast neue Freunde gefunden, in der Stadt, in der du anfangs nicht wusstest, wohin mit dir. Der Arbeitskollege deines 450-Euro-Jobs schaute nämlich gerade zufällig dieselbe Serie und deine Sitznachbarin aus der Uni hat dich zu einer Stadttour eingeladen. Das sind jetzt die Leute, auf deren Balkon du im Sommer ein Glas Wein trinkst und mit denen du in den Semesterferien in den Urlaub fährst. Aber nur weil du jetzt neue Leute hast, mit denen du dich mindestens genau so gut verstehst wie mit deinen bisherigen BFF’s, heißt das nicht, dass du sie direkt ersetzt. Wenn ihr euch das nächste Mal wieder trefft, ist es sowieso so als ob ihr nie weg gewesen wärt. Nur haben sie eben keinen Platz mehr in deinem aller aller aller-engsten Freundeskreis. Und das ist vollkommen okay. Es gibt schließlich weder Obergrenze für Freundschaften noch müssen die seit besonders langer Zeit bestehen.

Es ist wunderbar, wenn Freundschaften andauern, die seit der Grundschule bestehen. Aber das heißt nicht, dass andere weniger tief und weniger bedeutend sind. There is just not a word yet for old friends who’ve just met. Und selbst wenn diese Freunde aus welchen Gründen auch immer wieder aus unserem Leben verschwinden, bleibt uns immer noch die Erinnerung an eine unvergessliche Zeit miteinander.

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Bildquelle: Unsplash unter CC0-Lizenz