Sonnenaufgang über schneebedeckten Bergen

Liebeserklärung an: die Berge

Es sind die kleinen Dinge oder Gefühle, die uns den Alltag versüßen. Wir alle kennen diese kleinen Muntermacher, die uns in stressigen Situationen retten, an schleppenden Tagen motivieren oder die guten Tage noch schöner werden lassen! Unsere Liebeserklärung bietet diesen Glücksmomenten eine Bühne.

Es ist 8:06 und die Sonne sendet ihre ersten Strahlen über die schneebedeckten Gipfel der Belledonne-Gebirgskette. Die spitzen Berge, die problemlos in jeder Alpen-Tourismus-Werbung platziert werden könnten, waren bis eben noch in der Dämmerung, deutlich erkennbar vor pfirsich-orangenem Himmel. Jetzt betrachte ich durch das grelle Gegenlicht nur noch ihre Silhouette, dafür wärmen die ersten Sonnenstrahlen des Tages mein Gesicht und kündigen einen wundervollen Tag an. Das gegenüberliegende Gebirge, der Vercors, wird nun wie von warmem Scheinwerferlicht beleuchtet. Als würde der Belledonne ihn anmoderieren: „Spot on, the stage is yours“. Eine bühnenreife Produktion von Sonne und Panorama. Im Gegensatz zum alpinen Nachbarn ist der Vercors eher eine lange Felswand, die Gipfel liegen nicht so viel höher als der Grat. Die grauen, steil abfallenden Hänge wirken im morgendlichen Licht warm und einladend, der wenige Schnee, der noch liegt, erinnert an verstreuten Puderzucker. Ich selbst befinde mich im dritten Gebirge, das Grenoble umgibt, dem Chartreuse. Hier stehen die Berge eher einzeln, fallen stets zu einer Seite steil ab. Die höheren Gipfel sind noch schneebedeckt, andere zeigen schon frühlingshaft Felsen und Pflanzen. Am Horizont zwischen Belledonne und Chartreuse ist deutlich der Mont Blanc zu erkennen.

Nicht nur magische Momente wie dieser lassen mich eine tiefe Verbundenheit und Begeisterung für die Berge spüren. Egal, wo man sich in dieser Stadt befindet, mindestens eine der Bergketten ist immer zu sehen. Wie große Beschützer stehen sie da, unbeweglich und mächtig. Der Anblick beruhigt mich jedes Mal, Nervosität und Alltagssorgen erscheinen neben ihnen so winzig klein und unbedeutend. Sie geben mir Orientierung, wortwörtlich, denn als ich einmal an einem bewölkt-regnerischen Tag in einem unbekannten Stadtteil unterwegs war, habe ich den Weg zur Tramstation nicht mehr gefunden, weil ich ohne die markanten Gipfel jegliches Gespür für Richtung verloren habe. Aus meinem Fenster sehe ich stets meinen Lieblingsberg, den Moucherotte mit einer kleinen Wetterstation auf dem Gipfel. Morgens oft vor rosa Himmel, abends verschwindet hinter ihm die Sonne und bei Vollmond scheint er geheimnisvoll in silbernem Licht. Dort oben spielt sich meine Freizeit ab: Wandern, Skitouren, Langlaufen, Schlittenfahren im Winter, Klettern, Canyoning und Mountainbiken im Sommer. Als Outdoor-Enthusiastin und begeisterte Sportlerin komme ich auf meine Kosten. Ich fühle mich umgeben von Gipfeln, Tannen und felsigen Abhängen so frei wie nirgendwo anders. Dort oben benutze ich mein Handy nur für Wanderrouten und zum Fotos machen, Whatsapp und soziale Medien sind wie aus meinem Bewusstsein verbannt. Alle Verpflichtungen, alle Alltagssorgen sind wie abgeschaltet, hier in den Bergen gibt es nur mich und die Natur. Und davon so viel, dass ich gar nicht damit fertig werde, Pflanzen und Felsformationen zu bestaunen, Aussichten zu genießen, auf Felsen und Bäume zu klettern. Das Gefühl, nach einem langen Aufstieg das Gipfelkreuz zu erreichen und mit einer atemberaubenden Aussicht und Brotzeit belohnt zu werden ist für mich eins der schönsten der Welt. Dabei wird es nie langweilig, denn die Berge sind abwechslungsreich. Allein die drei Gebirge um Grenoble unterscheiden sich so stark voneinander: die einen flacher, die anderen steiler, grüne Wiesen oder Felsgeröll, Nadelwald oder vereinzelte Laubbäume. Jede Tour ist mit ganz eigenen Highlights gespickt, das können Wasserfälle, Hängebrücken über Schluchten oder Aussichtspunkte sein. Wenn ich mich am Wochenende früh morgens aus dem Bett rolle, früher, als ich das unter der Woche für die Arbeit tue, um in meine Wander- oder Skischuhe zu schlüpfen, dann es ist gar keine Frage, ob es in die Berge geht, sondern nur welcher Sport und wohin. Jedes Wochenende beginnt am besten um 8:06 in den Bergen und endet Sonntagabend mit einem wärmenden Abendessen, das die Energiespeicher wieder auffüllt.

Wenn samstags in die Berge fahre und sonntags zurückkomme, dann brauche ich einen Schlafplatz. Hier gehts zur Liebeserklärung an die Berghütte.

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Titelbild: Elinor Young (z. V. g.), Bild im Artikel: Lisa Bartelmus