Liebeserklärung an: München, meine Rettung und neue Liebe

Es sind die kleinen Dinge, die uns unseren tristen Alltag versüßen und das Leben ein bisschen besser machen. Ob es hübsche Gänseblümchen sind, die am Straßenrand wachsen oder eine Kugel deiner liebsten Eissorte – wir alle haben kleine Muntermacher in unserem Alltag, über die wir nur selten ein Wort verlieren. Das soll sich jetzt ändern! Wir bieten euch eine Liebeserklärung an die kleinen Dinge, die uns in stressigen Situationen retten, an schleppenden Tagen motivieren oder uns die guten Tage versüßen!

Liebes München,

du hast mich gerettet! Das klingt zwar etwas überdramatisiert, aber es stimmt schon: Ohne dich wäre ich im kleinen Bern versauert, mit 24 Jahren schon stagniert und an jeder Ecke an riesigen Herzschmerz erinnert worden. Du hast meinen Entdeckergeist wiedergeweckt, der lange Zeit von ungesunden Beziehungen und Lethargie erdrückt wurde, weswegen ich ihn fast verloren geglaubt hatte. Du hast mich wie eine italienische Nonna liebevoll an deinen Busen gedrückt und mir dein spannendes Leben gezeigt, in das ich glückselig eingetaucht bin.

Als ich vor drei Monaten mit einem Praktikumsvertrag und einem großen Schweizer-Schokoladen-Vorrat in der Tasche vor deinen Toren stand, erwartete ich zuerst die große Leere. Ich erwartete einsam zu sein, verloren in einer Großstadt, die mich viel weniger braucht als ich sie. Ich wartete und wartete – aber das bedrohliche Loch kam nie. Stattdessen schnupperte ich deine Stadtluft, die nach Hefeschnecken und Abenteuer roch, versuchte mir alle Viertelnamen zu merken und fühlte mich zuhause.

Die nördlichste Stadt Italiens

Mittlerweile weiß ich, dass wir deinen Karlsplatz niemals Karlsplatz, sondern immer Stachus nennen und auch wie ich zur Arbeit komme, wenn die MVG mal streikt oder gerade Gleise repariert. Ich spaziere mit einem verrückten Eis in der Hand an der alten Pinakothek vorbei, weil sich da die Abendsonne so schön lila in den Fenstern spiegelt und verschaffe mir, wenn manchmal doch alte Zweifel wiederkommen, auf dem Olympiaturm oder im Dachgarten die nötige Weitsicht.

Keine Stadt verbindet den Großstadt-Trubel mit Tradition so natürlich wie du. Es scheint, als würdest du dir aus allen Welten das Beste zusammen suchen und in dir vereinen: Du hast als nördlichste Stadt Italiens einen mediterranen Charme, der aber weder von schmutzigen Straßen noch lose hängenden Kabelsalaten getrübt wird. Du bist eine kleine Metropole, ein Hotspot für riesige Firmen und dennoch lieben dich alle für deine gemütlichen Biergärten und traditionellen Gaststuben.

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Oktoberfest und Dirndl-Stress

Und so lerne ich auch deine Menschen kennen: Sie plaudern mit mir in der U-Bahn, finden mich süß, wenn sie erfahren, dass ich Schweizerin bin und verstehen Bahnhof, wenn ich auf Wunsch Berndeutsch rede. Sie sind innovativ und warmherzig – fähig, auch mal die Ellbogen auszufahren, um für sich einzustehen und immer mit dem Rat zur Stelle: „Gibt es keinen Dresscode, ist Tracht immer eine Lösung.“

Du wärst natürlich nicht München, wenn du mich nicht pünktlich zum größten Volksfest der Welt neckisch durch deine unzähligen Trachtenläden hetzen würdest, auf der verzweifelten Suche nach einem Dirndl, das auf vermehrtes Anraten „ja nicht von C&A“ sein darf, aber dennoch irgendwie in mein Praktikums-Budget passen muss. Letztendlich schnür ich mir dann doch eins von C&A um die Rippen und du lässt milde Nachsicht walten – ich liebe dich grad noch ein bisschen mehr. Und es ist ja schließlich auch mein erstes Mal auf der Wiesn.

Du meinst es gut mit mir

Aber so romantisch analog es auch wäre, meine Bekanntschaften ausschließlich am Oktoberfest oder in der U-Bahn aufzuspüren, Tinder hab ich mir in der Single-Hauptstadt trotzdem runtergeladen. Und: Deine Tinderwelt, liebes München, ist eine wahre Schatztruhe, das muss mal so gesagt sein! Zum Beispiel gibt´s da einen, der vielen Maximilians, mit dem ich in menschliche Abgründe aus unmoralischen Kunstvorlieben und morbidem Weltschmerz steige, tiefgründig und hochinteressant. Oder Michael, der mich mit Rotwein-Lippen am Ufer der Isar küsst. Oder Luan, der erfrischender weise beim ersten Date nicht fragt, ob ich noch mit zu ihm will und mich das doch ein bisschen vor den Kopf stößt. Mit ihm geh ich jetzt ab und zu joggen. Auch an der Isar, aber ohne küssen – und das find ich super.

Du meinst es gut mit mir. Mit meinem Herzen, das heilt und neuen Mut fasst, mit meinen weit aufgerissenen Augen, die gespannt und voller Vorfreude allem entgegenblicken, was du noch Spannendes und Inspirierendes für mich im Sinn hast und meinem Kopf, der voll ist mit Ideen und Plänen, aber vor allem mit dem Wunsch, noch sehr lange hier zu bleiben.

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Bildquelle: Unsplash unter CC0 Lizenz