Blonde Frau

LiebesLeben: Warum Frauen schön sein wollen und Männer das nicht wundern sollte

Katja malt mit Sprache Bilder auf ihre Wortleinwand. In ihrer Kolumne nimmt sie euch mit in ihr Atelier: Als absoluter Gefühlsmensch schreibt sie über die Liebe und das Leben – ein bisschen philosophisch und ein bisschen psychologisch, mit einem Hauch von Melancholie.

„Du bist die Schönste“, steht auf dem Spiegel in der Frauentoilette eines meiner Berliner Lieblingscafés. Ich lächle – was für ein süßer Sticker. Als ich wieder aus der Toilette komme, erzähle ich meinem Freund davon. Er lächelt erst, sagt aber im nächsten Atemzug: „Eigentlich schlimm, dass das für Frauen immer noch so wichtig zu sein scheint.“

Erst verstehe ich gar nicht, weswegen er sich darüber wundert. Dass man gern hört – oder in dem Fall liest –, dass man die Schönste ist, scheint mir ganz natürlich zu sein. Aber dann verstehe ich, was er meint: Dass es Männern weniger wichtig ist, schön zu sein.

Und ich glaube, das stimmt. Jedenfalls würde mir kein Mann einfallen, von dem ich vermute, dass er unbedingt der Schönste sein will.

Während ich im ersten Moment also nicht ganz verstanden habe, worauf mein Freund hinauswill, es im zweiten Moment schließlich doch verstanden und Zustimmung empfunden habe, empfinde ich im dritten Moment beinahe so etwas wie Wut.

Schließlich ist es vielen Frauen nicht ohne Grund so wichtig, schön zu sein. Und weswegen wollen sie um jeden Preis schön sein? Richtig – wegen der Männer in ihrem Leben, oder besser gesagt: wegen der Männer, die potenziell in ihr Leben treten könnten.

Denn während wir zwar einerseits im 21. Jahrhundert leben und den feministischen Grundgedanken verinnerlicht haben, dass der Wert einer Frau nicht von ihrer Fähigkeit, Hausfrau zu spielen und darüber hinaus brav den Mund zu halten, bestimmt wird, haben wir den Gedanken, dass der Wert einer Frau nicht von ihrem Aussehen abhängt, als Gesellschaft noch nicht so wirklich verinnerlicht – die Männer nicht, und somit auch die Frauen selbst nicht.  

Ich werde an dieser Stelle keine Feminismus-Debatte beginnen. Nur so viel: Solange selbst die Kleidung, die Haare, das Make-Up und die Anmut der Gesichtszüge von Politikerinnen kommentiert werden, sollte klar sein, dass Frauen, die in ihrem Leben weniger hochtrabenden Tätigkeiten nachgehen, erst recht nach ihrem Aussehen beurteilt werden.