Links- und rechtsextrem sind gleich schlimm? Bild: Pexels

„Links und rechts sind gleich schlimm!“ – Wie du Onkel Ralf vom Gegenteil überzeugst

In welcher Welt klingt das so extrem wie das, was die Linke anstrebt? In ihrem Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2021 wird an zwei Stellen vom „demokratischen Sozialismus“ gesprochen. Genau darauf bezieht sich ein Argument, das äußert gern von Kritiker*innen angebracht wird: der Vergleich mit der DDR, denn die bezeichnete sich schließlich auch als demokratischer Staat.

„Wir haben ja gesehen, wohin der Sozialismus führt!“, höre ich Onkel Ralf förmlich wettern. Besonders beliebt ist dabei die Kritik an den wirtschaftspolitischen Ansichten und der Verweis darauf, dass die Linke – ebenso wie die SED – Produktions- und Infrastruktureinrichtungen wieder verstaatlichen will. Und ja: Die Linke möchte laut Wahlprogramm große Energiekonzerne und große Wohnungskonzerne wie Vonovia vergesellschaften. Diese Idee entspricht zwar nicht der aktuellen Realität – aber inwiefern ist sie extrem?

Es ist ja bekannt, dass ältere Damen und Herren gern darüber sinnieren, wie schnell doch die Zeit vergeht – und nun ja, dass seit der Wende mittlerweile mehr als 30 Jahre vergangen sind, scheint an ihnen vorbeigegangen zu sein. 30 Jahre sind genug Zeit, um beinahe das komplette, ehemalige SED-Personal einmal auszutauschen. Betrachtet man den letzten Bundestag, waren nur 10 der 69 Linke-Abgeordneten ehemalige SED-Mitglieder (Quelle: Deutsche Welle). Darunter übrigens auch Gregor Gysi: einer der wohl beliebtesten Politiker überhaupt, mit dem sich meist auch eher konservativ gestrickte 50-Jährige anfreunden können.

Die heutige Partei Die Linke hat ihre Vergangenheit aufgearbeitet und denkt – im Gegensatz zu Teilen extremistischer Bewegungen – demokratisch, global und pro-europäisch. Kein Wort, das auch nur im Entferntesten darauf hindeutet, die Macht anderer politischer Parteien einschränken zu wollen. Kein Wort, das auch nur im Entferntesten darauf hindeutet, dass es sich hier um eine antidemokratische Partei handelt.  

Links- und Rechtsextremismus – Gibt es „gute“ und „böse“ Gewalt?

Aber wie verhält es sich mit linkem Aktivismus außerhalb der Partei – insbesondere mit Linksextremismus? Denn dass es Gruppierungen gibt, die den Kommunismus bzw. die Anarchie anstreben und ihre Ziele mit Gewalt durchsetzen wollen, kann nicht abgestritten werden. Linksextremismus existiert ebenso wie Rechtsextremismus.

Worin bestehen aber die Unterschiede? Der Verfassungsschutzbericht aus dem Jahr 2020 liefert eine Antwort auf diese Frage. 2020 gab es mehr als dreimal so viele Straftaten mit rechtsextremistischem als mit linksextremistischem Hintergrund. 22.357 Fälle stehen 6.632 Fällen gegenüber. Linksextremismus scheint also in der Praxis eine deutlich geringere Rolle zu spielen als Rechtsextremismus.

Weiterhin fällt auf, dass Linksextremist*innen deutlich häufiger Brandstiftungsdelikte und Sachbeschädigungen zu verzeichnen haben als Rechtsextremist*innen. Diese fallen wiederum deutlich häufiger als Linksextremist*innen mit Körperverletzung, Nötigung und Bedrohung auf. Es entsteht der Eindruck, dass rechte Gewalt sich gegen Menschen richtet, während linke Gewalt eher auf die Besitztümer bestimmter sozialer Schichten abzielt – womit wir beim linken Standard-Argument à la „Linke zünden Autos an, Rechte töten Menschen“ wären. Macht man es sich hier leichter, als es tatsächlich ist?

Natürlich macht es einen Unterschied, ob man Menschen tötet oder Autos anzündet, aber angebracht ist trotzdem keins von beidem. Außerdem stecken hinter Autos auch Menschen, denen man durch eine solche Aktion eventuell schadet. Denn es kann zwar sein, dass man zufällig den Mercedes einer Person erwischt, die der Inbegriff von Kapitalismus ist. Genauso gut kann es aber passieren, dass man den Mercedes von jemandem anzündet, der zur Mittelschicht gehört und für den dieses Auto die Investition seines Lebens war.