Zwei Personen sitzen nebeneinander auf einer Bank.

Manspreading – wenn Männer sich zu breit machen

Im Online Oxford-Dictionary wird Manspreading als „Praxis, bei der ein Mann, insbesondere einer, der mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, eine Sitzhaltung einnimmt, in der seine Beine weit auseinanderstehen und auf einen oder mehrere angrenzende Sitze übergreifen“ definiert. Im Internet finden sich einige Fotos, die Männer zeigen, wie sie sich untenrum breitmachen – neben dem Mann oft eine Frau, die die Beine (notgedrungen) eng zusammendrückt. 

Für viele wahrscheinlich ein Luxusproblem, eine Debatte, die nicht relevant für den Feminismusdiskurs ist. Allerdings steckt dahinter noch einiges mehr. Die New Yorker Verkehrsbehörde MTA formulierte schon 2014 das Problem als „space issue“ – also als Raumproblem. Männern ist oft nicht bewusst wie viel Raum sie einnehmen und wen sie dabei unsichtbar machen – nämlich die Frauen. Es gibt einige Begriffe, die zu beschreiben versuchen, dass Männern die eigenen Grenzen oft nicht kennen (oder vielleicht kennen sie diese, aber es ist ihnen einfach egal). Das sogenannte „Mansplaining“ beschreibt beispielsweise Männer, die versuchen einen Sachverhalt zu erklären und dabei davon ausgehen, dass sie natürlicherweise mehr über den Gesprächsgegenstand wissen als die Gesprächspartner*in. 

Natürlich wird auch in dieser Diskussionen wieder versucht, eine biologische Erklärung, die das Beine auseinander spreizen erklärt, zu finden. Wie bei fast allem, was Männern als provokant, egoistisch oder belästigend angelastet werden soll, wird mit der biologischen Natürlichkeit dagegen argumentiert – es liegt halt in meiner Natur, ich kann an meinem Verhalten nichts ändern, vielleicht sollten sich die anderen besser anpassen. So nämlich. Die Autoren des wirtschaftspolitischen Blogs EconoMonitor sind nämlich der Meinung, dass Männern aufgrund ihres Körperbaus gar nichts anderes übrig bleibt, als die Beine zu spreizen. 

„Unsere neue Analyse deutet darauf hin, dass Männer ihre Körperproportionen – insbesondere das Verhältnis von Schultern zu Hüfte – durch Spreizen anpassen und sich nicht gegen ihre Mitreisenden vergehen.“ Ohne das Spreizen der Beine würden Männer nämlich einfach umfallen. Die zwei Autoren erklären sich das wie folgt: Da bei Männern die Schultern wesentlich breiter als die Hüften sind, müssen sie die Beine spreizen, damit sie die Balance halten können. Und alle Männer, die mit übereinandergeschlagenen Beinen im Bus sitzen sind Superhelden mit besonders ausgeprägten Sinn für Balance oder wie? Männer also mittels verquerer feministischer Ansichten dazu bringen zu wollen, ihre Oberschenkel aneinanderzupressen, könnte dazu führen, dass uns zukünftig reihenweise umfallende Männer in öffentlichen Verkehrsmitteln begegnen. 

Ich denke, wir können das Risiko eingehen, auch unter dem Gesichtspunkt, dass vielleicht andere – geschlechtsspezifische – Ursachen hinter dem Spreizen stecken können. Kinder nehmen durch geschlechtsspezifische Sozialisation ihre Umwelt unterschiedlich wahr. Dadurch erlernen Männer und Frauen schon im Kindesalter ein spezifisches raumgreifendes Verhalten. Während Mädchen oft beigebracht wird, zum Spielen nur einen kleinen Raum einzunehmen, wird Jungen vermittelt, sich vollends auszutoben. Dadurch entstehen zwei unterschiedliche Körperempfinden, – die bis heute bestehen bleiben. 

„Manspreading“ betreiben aber nicht nur Männer, – auch Frauen machen sich in Verkehrsmitteln breit. Beim sogenannten „Bagging“ oder „She-bagging“ stellen Frauen ihre Taschen in Bus und Bahn auf den Nachbarplatz und blockieren damit den Sitz für andere Fahrgäste. 

Also, ob Mann oder Frau, hört auf, euch Raum zu nehmen, der euch nicht gehört. 

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Bildquelle: Foto von Uriel Mont von Pexels; CC0-Lizenz