Mobbing Gesellschaft Depression Schmerz

Mobbing: „Er sagte: ‚Ich könnte dir jetzt ganz leicht das Genick brechen.'“

Mobbing Gesellschaft Depression Schmerz

4. Manu, 34

Mobbing vergeht zwar, aber es hinterlässt Spuren. Ich bin jetzt 34 Jahre alt, Mutter von Zwillingen, glücklich verheiratet. Und diese ganze Geschichte liegt jetzt schon so lange hinter mir. Und trotzdem weiß ich noch fast alle Namen, habe die Räume meiner Schule im Kopf und kann mich an so viele Situationen erinnern. In den 90ern gab es noch kein Mobbing. Zumindest hatte es keinen Namen. Meine Mitschüler (ich habe nie „Schulkameraden“ gesagt) betrachteten mich als „Aidsbollen“, berührte man mich, war man „veraidst“, es wurde gelacht und ein Spaß daraus gemacht, ob man an mir vorbeiging und mich anfasste oder eben nicht. Dann sind wir umgezogen und ein Mädchen in meiner Klasse führte die Hetze gegen mich irgendwann an, Jungs und Mädchen „gehorchten“ ihr. Ich wurde regelmäßig bestohlen, gestoßen und geschlagen, Würgegeräusche, wenn ich das Klassenzimmer betrat. Nach dem Schwimmunterricht hatte ich Shampoo in den Schuhen, wenn sie noch da waren. Wollte ich in eine Einzelkabine, zerrte mich die Lehrerin raus, ich solle mich nicht so anstellen. Also verweigerte ich den Schwimm- und bald auch den Sportunterricht. In den Pausen musste ich ständig mit Attacken rechnen, auch von Schülern anderer Klassen (Ältere), da Gerüchte verbreitet wurden. Schläge gab es immer auf die Oberarme, immer wieder nur dort, damit es weh tat. Von den Lehrern gab es zu keiner Zeit irgendeine Hilfe, sie sahen ein großes kräftiges Mädchen, das sich doch selbst darum kümmern könnte. Da die Redelsführerin auch in meiner Konfi-Gruppe war, wurde ich auch dort schikaniert, mit Regenwürmern beworfen etc. Ich wollte nicht mehr zur Schule, habe oft versucht, dass meine Mutter mich krank meldet. Ich war allein in meiner Freizeit, mit mir treffen wollte sich niemand. Das wurde erst die letzten zwei Schuljahre besser, die Klassen wurden durchgemischt und die Anführerin war weg. Ich fühlte mich dem gegenüber machtlos. Ich musste da einfach irgendwie durch und habe irgendwann akzeptiert, dass ich nicht dazu gehöre. Wer zum Opfer wird, hat selten den Mut es anzusprechen. Mir wurde schlichtweg nicht geglaubt. Heute liegt das hinter mir. Allerdings bin ich sensibilisiert und hintefrage oftmals, ob etwas wirklich nett gemeint ist oder ob man mir eigentlich damit schaden will. Ich komme schnell ins Rechtfertigen, eine Art „Verteidigungsmodus“, weil ich mich angegriffen fühle. Und ich achte sehr darauf, wie Menschen miteinander umgehen (Tonfall, Mimik). Den Leuten da draußen möchte ich sagen: Es ist nicht für immer! Ihr müsst diese Idioten nicht auf ewig ertragen! Sie bestimmen nicht, wer ihr seid! Ihr seid es (euch) wert, Unterstützung zu holen. Redet mit euren Eltern oder sonstigen Verwandten/ Bekannten, denen ihr vertraut! Es ist NICHT in Ordung was mit euch passiert! Und ihr habt es NICHT verdient!

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