„Musik berührt nur, wenn sie authentisch ist“ – Im Interview mit Dermot Kennedy

Rahel: Wie entscheidest du, welche Songs schlussendlich auf einem Album landen und welche eher nicht? Gibt es da ein Patentrezept?

Dermot: Das ist ehrlich gesagt meistens gar keine bewusste Entscheidung. Man weiß es einfach. Über die Zeit gibt es immer Songs, die sich durchsetzen und von denen man dann weiß, dass sie einfach auf’s Album müssen. Ein weiterer guter Indikator ist, wenn man das Gefühl hat, dass man den Song immer und immer wieder spielen kann, ohne dass er einen nervt oder langweilig wird. Denn wenn man auf Tour ist, dann steht man jeden Abend mit diesen Liedern auf der Bühne und da ist es gut, wenn sie einem auch noch nach dem 20 Auftritt gefallen. Am Ende muss man einfach ehrlich zu sich selbst sein. Das ist das Wichtigste.

Rahel: Und wenn es nicht alle guten Songs auf das Album schaffen, dann hast du noch ein paar gute Singles, die du später rausbringen kannst.

Dermot: Ja genau, es ist nicht das Schlechteste ein paar gute Ideen in der Hinterhand zu haben.

Rahel: Welcher Song auf dem Album hat für dich die größte Bedeutung?

Dermot: Puh, also wenn ich mich entscheiden müsste, dann wäre es in jedem Fall „Innocence and Sadness“. Ich meine, ich liebe sie alle, aber das ist schon das Lied mit der größten Bedeutung für mich. Dieser spezielle Song erinnert mich immer daran, dass ich als Straßenkünster angefangen habe und nun auf der großen Bühne in Arenen und Stadien spielen darf. Und es gibt Lieder, wie „Kiss me“, die auf diese Bühnen gehören. Doch „Innocence and Sadness“ ist immer noch diese kleine Version von mir selbst, die in Bars und Kneipen vor kleinem Publikum spielt. Der Song erinnert mich an meine Anfänge. Ich bin sehr stolz auf die Lyrics und ganz ehrlich, so stolz ich auch bin mit großen Künstlern zusammenarbeiten zu dürfen. Bei dem Song habe ich mir von niemandem etwas sagen lassen. Da war ich sehr eigen.

Rahel: Du hast gerade von deiner Zeit als Straßenmusiker gesprochen. Hast du das Gefühl, dass dich diese Zeit auf das Tourleben und die Auftritte in Stadien vorbereitet hat?

Dermot: Ja auf jeden Fall! Es ist wirklich genau das gleiche. Ich weiß nicht ob es an meiner Persönlichkeit liegt, aber ich werde heute gar nicht mehr nervös vor Auftritten. Das war noch ganz anders als ich auf der Straße gespielt habe. Heute ist es leicht, weil ich für Menschen spiele, die wirklich da sein wollen und meine Musik schon mögen (Lacht). Wenn ich früher meine Gitarre ausgepackt habe, dann war das nicht immer der Fall. Da sind die Leute weitergegangen oder haben manchmal genervt reagiert.

Rahel: Der erste Song deines Albums ist „Something to Someone“. Ich finde das ist eine sehr schlaue Wahl, denn es wirkt, als würdest du hoffen, dass das Album jemandem etwas bedeutet. War das so geplant oder eher ein Zufall?

Dermot: Hmm, ich würde sagen es war ein bisschen von beidem. Ich denke aber es ist ein gutes Beispiel für die Art und Weise wie ich meine Songs schreibe. In der Vergangenheit habe ich vor allem Musik für mich geschrieben. Heute schreibe ich für meine Fans. Ich möchte, dass sie etwas mit meiner Musik verbinden. Und „Something to Someone“ war wirklich etwas besonderes, weil der Text so vage ist. Man kann ihn gut auf der Bühne spielen und egal ob jemand gerade gute oder schlechte Laune hat, er wird von dem Song abgeholt werden. Weil wir das Gefühl alles kennen, dass uns jemand etwas bedeutet und das muss nichts gutes sein, aber eben auch nichts schlechtes. Es geht mehr um das Zwischenmenschliche an sich.

Rahel: Wo du das gerade ansprichst: Deine Lyrics sind ja oft sehr offen gehalten. Hast du manchmal Angst, dass Menschen deine Songs falsch verstehen?

Dermot: Nein, eher nicht. Ich meine, es wäre natürlich super schade, wenn es so wäre. Aber am Ende weiß ich ja, was mir die Songs bedeuten und diese Bedeutung geht nicht verloren. Andererseits rede ich nicht gerne über die Bedeutung meiner Texte, eben weil ich weiß, dass die Menschen so unterschiedliche Dinge mit ihnen verbinden. Und wenn da jemand bei einem Konzert steht und bei einem Song an ein prägendes Ereignis aus dem eigenen Leben denkt, dann wäre es nicht fair von mir ihn oder sie zu korrigieren und zu sagen: „Nee, darum geht es aber nicht!“ (Lacht) Also ja, ich möchte sogar, das die Leute meine Songs mit ihrer eigenen Bedeutung und Emotion aufladen.

Rahel: Aprospros Bedeutung: Auf deiner Website hast du den Hashtag #sonderstories gestartet. Darunter könnten deine Fans ihre Geschichten zu bestimmten Fragen teilen. Ich habe einige dieser Antworten gelesen und um ehrlich zu sein fühlt es sich fast an, als würde man heimlich im Tagebuch von sehr vielen Menschen mitlesen. Was war die Idee hinter diesem Projekt?

Dermot: Ja definitv. Darum geht es ja auch. Ich will nicht, dass Sonder nur dieses clevere Wortspiel hinter meinem Album ist. Es soll die Menschen dazu animinieren ihre Geschichte mit anderen zu teilen. Denn schließlich hat jeder von uns eine Geschichte. Jeder hat Schicksalsschläge erlitten und schöne Momente erlebt. Ich würde es lieben, wenn Menschen auf meine Website kämen um sich ihre Erlebnisse von der Seele zu schreiben und zu sehen, dass sie mit ihren Erfahrungen nicht alleine sind.

Rahel: Dermot, vielen Dank für das Interview und viel Erfolg mit dem neuen Album und der Tour!


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Bildquelle: Copyright Lola & Pani