Alexandra, 28, und Benjamin, 29 , machen deinen Rausch nachhaltig

Die Orte der großen politischen Ideen sind – entgegen dem allgemeinen Bild – nicht der Bundestag oder die Parteizentralen in Berlin. Es sind die Küchen von zahlreichen Wohngemeinschaften, in denen nach dem ein oder anderen alkoholischen Getränk, bei selbstgedrehten Zigaretten, über die Zukunft der Welt philosophiert wird. Meistens werden die hier entstandenen Utopien jedoch nie in die Tat umgesetzt. Anders war das bei einem sagenumwobenen Abend von Sebastian und seinen Freunden. Die Gruppe hatte die Idee, soziales Engagement mit einem alltäglichen Konsumgegenstand zu verbinden – und was ist in einer solchen Situation naheliegender, als die Halbe Bier? Bier trinken und dabei auch noch Gutes tun – klingt nach einer perfekten Kombination. Gesagt, getan – wenig später wurde das Projekt „Quartiermeister“ ins Leben gerufen.

Nachhaltiges Bier?

Das Bier verbindet alle Aspekte, die einen reuelosen Konsum möglich machen. „Quartiermeister“ besteht aus einer GmbH und einem Verein, die zusammen arbeiten. Für jeden verkauften Liter Bier werden 10 Cent an regionale, soziale Projekte gespendet. Es wird regional und teilweise auch nach Öko-Richtlinien gebraut, kein Transportweg ist länger als 300 Kilometer. Deswegen arbeitet „Quartiermeister“ mit unterschiedlichen, unabhängigen Brauereien in Deutschland zusammen – und deswegen hat auch jedes „Quartiermeister“-Bier seine eigene, individuelle Note. Die Flaschenetiketten ziert zu 50 % das Gesicht des „Quartiermeister“s, und zur anderen Hälfte das der „Quartiermeisterin“, Figuren, die stellvertretend für all diejenigen stehen, die mit den Mitteln von „Quartiermeister“ in ihrer Region Gutes tun. Seit Anfang des Jahres werden reale Gesichter auf die Flaschen gedruckt.

„Wieso macht das nicht jeder?“

„Als ich von dem Projekt gehört habe, war mein erster Gedanke – wieso macht das nicht jeder“, erzählt Benjamin, zuständig für den Vertrieb in München. „Wenn jeder nur ein Stück weit verzichten würde, könnte man so vieles verändern“, meint er. Die „Quartiermeister“ verzichten für ihren Teil auf den permanenten Fokus auf immer mehr Gewinn. „Natürlich will ich aus Vertriebssicht so viel Bier wie möglich verkaufen“, meint Benjamin, „aber aus dem Grund, um möglichst viele soziale Projekte zu fördern. Wir machen uns wirklich nicht die Taschen voll, verzichten auch auf ein großes Marketing Budget und solche Dinge“. Die Transparenz ist den „Quartiermeistern“ wichtig, die Unternehmenszahlen werden jedes Jahr auf der Homepage veröffentlicht, inklusive Gehälter.

„Es schmeckt halt auch einfach geil“

Alexandra ist seit einem Jahr in dem „Quartiermeister“-Verein. Die Zusammenarbeit zwischen dem ehrenamtlichen Verein und der GmBH ist eines der Hauptmerkmale von „Quartiermeister“. „Wir als Verein treffen eine Vorauswahl, in welche sozialen Projekte das Geld fließen soll, wir vernetzen uns und tragen das Konzept von „Quartiermeister“ nach außen“, erklärt sie. So wird die Unabhängigkeit garantiert und immer wieder auf den Prüfstand gestellt. Letztendlich entscheidet dann jeder Einzelne per Online Abstimmung, welche Projekte gefördert werden. „Als Verein halten wir auch Kontakt zu den geförderten Projekten“, sagt Alexandra, „das sind ganz tolle Momente, die Menschen kennenzulernen, die das Geld bekommen, und zu sehen, was sie damit alles erreichen“. „Wenn ich in den Supermarkt gehe, und dann das „Quartiermeister“ im Regal sehe, und da vielleicht sogar schon ein paar Flaschen weg sind, dann freue ich mich riesig“, erzählt Alexandra. „Bei mir haben jetzt auch ganz viele Kioske um meine Wohnung herum „Quartiermeister““, sagt Benni stolz. „Und jetzt mal abgesehen vom sozialen Mehrwert, der in jeder Flasche steckt – es schmeckt halt auch einfach geil“ grinst er.

„Wir möchten die Idee weiter in die Welt tragen“

Für die Zukunft hoffen die beiden, ein Quartier in München aufbauen zu können, das dem Gedanken von „Quartiermeister“ gerecht wird, hohe Verkaufszahlen, damit möglichst viel Geld dem Verein zur Verteilung zur Verfügung steht. „Wir schmeißen auch gerne mal als „Quartiermeister“ die Bar bei Veranstaltungen oder Festivals“, meint Alexandra, „gemeinsam Projekte zu starten, bei denen wir die  „Quartiermeister“ Idee und das Konzept in die Welt tragen“. Außerdem hofft sie, dass mehr soziale Projekte auf die Fördermöglichkeit aufmerksam werden, „ es gibt so viele schöne Initiativen, die ich gerne fördern würde“. Zu den vergangenen Empfängern gehören der Eichhörnchenschutz und der bayrische Flüchtlingsrat in München. Der lokale, nachhaltige Anspruch liegt ihr bei der Unterstützung besonders am Herzen. „Außerdem soll es für alle zugänglich sein, also jeder, der dann davon hört, soll von dem Projekt profitieren können“.

„Umkompliziert Gutes tun“

Und wie überzeugt man Menschen davon, „Quartiermeister“ zu trinken? „Unkompliziert Gutes tun“, sagt Alexandra. „Wir alle stehen jeden Tag vor dem Supermarktregal und haben die Entscheidung in der Hand“. „Mein Stichpunkt lautet Geschmack“ lacht Benjamin „und die Kombination mit dem sozialen Mehrwert“. Außerdem möchte er die Menschen daran erinnern, dass jeder eine Rolle spielt und bei Entscheidungen, egal wie groß sie sein mögen, mitsprechen kann. „Jeder kann die Welt verbessern“ sagt Benjamin, „und wenn‘s nur mit einer Halben Bier ist“.

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Bildquelle: Dajana Kollig für ZEITjUNG