Kinder stehen im Bad und putzen sich die Zähne

Routinen: Zwischen Selbstoptimierung und Langeweile

Mein Großvater kichert: „Na, wenn du beim Zähneputzen schon links anfängst, dann kann der Tag ja nur gut werden.“ Ich überlasse die beiden wieder ihrem semi-strukturierten Tagesablauf und setze mich zurück an den Laptop.

Das Gespräch hat mir eines deutlich gemacht. Das Problem mit Routinen ist nicht die Strukturierung des Tagesablaufes an sich, sondern unsere Assoziationen mit dem Begriff. Gerade meine Generation verbindet mit Alltagsroutinen die Optimierung der zur Verfügung stehenden Zeit. Wir versuchen effizient zu handeln, um so viel Produktivität wie möglich in die uns zur Verfügung stehende Zeit zu quetschen. Die Formel hier lautet also: Routinen = Selbstoptimierung = Erfolg. Paradox. Denn gleichzeitig hassen wir Routinen. Wir machen lieber Individualurlaub, stellen uns unsere Sneaker selbst zusammen und hinterfragen alles. Der Satz „Das ist halt so!“ wirkt so verdächtig wie noch nie. Denn nichts scheint in Stein gemeißelt.

Vielleicht können wir also festhalten: Routinen? Ja, gerne! Aber bitte das eigene Denken nicht verlernen.

Denn schließlich ist der Mensch keine Maschine, deren Prozesse ständig optimiert werden müssen. Sondern ein empfindsames und denkendes Wesen, das auch mal kreative und ungenutzte Zeit braucht, um glücklich und selbstbestimmt leben zu können. Zeit, die du dir mit sinnvollen Routinen schaffen kannst.

Ich speichere das Dokument und schaue auf die Uhr an meinem Handgelenk. 15:30 Uhr. Zeit, für die vierte Tasse Kaffee.

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Bildquelle: cottonbro von Pexels; CC0-Lizenz