Wenn sich das Gedächtnis Schmerzen merkt

Schmerzgedächtnis – Wenn sich der Körper Schmerzen merkt

Jedem von uns tut mal etwas weh – auch über ein paar Tage oder sogar Wochen hinweg. Chronische Schmerzen sind das in der Regel nicht. Bleibt ein Schmerz jedoch hartnäckig, merkt sich das der Körper und empfindet am Ende sogar dann Schmerzen, wenn die Ursache längst behoben wurde. Das macht das Schmerzgedächtnis zu einem der unangenehmsten Phänomene unseres Körpers.

 

Wie entsteht ein Schmerzgedächtnis?

 

Schmerzen können viele Formen und Ausprägungen haben. Mehr über die Arten des Schmerzes erfährst du im Ratgeber Nerven. Ist der Körper besonders intensiven Schmerzen ausgesetzt und das im schlimmsten Fall immer wieder über einen längeren Zeitraum, dann verändern sich die Strukturen im Nervensystem. Das lässt sich bei einer Untersuchung der Nerven sogar erkennen. In der Folge reagieren diese, auch Nozizeptoren genannten Nervenfasern, sensibler auf Reizeinwirkungen. Die Schwelle, ab wann du Schmerzen empfindest, sinkt. Ein Schmerzgedächtnis ist entstanden.

Hier haben wir also irgendwann fast ein Henne-Ei-Problem: Hast du Schmerzen, weil sich ein Schmerzgedächtnis gebildet hat. Oder bildet sich ein Schmerzgedächtnis, weil du chronische Schmerzen hast? In jedem Fall hat dein Gehirn gelernt, Schmerzen zu empfinden, für die dann nicht unbedingt eine konkrete Ursache besteht.

 

Kann ich das Schmerzgedächtnis wieder löschen?

 

Da haben wir für Schmerzgeplagte zumindest eine halbwegs gute Nachricht: Löschen lässt sich das Schmerzgedächtnis nicht – aber umprogrammieren. Das geschieht in speziellen, individuell angepassten Schmerztherapien, die auf ein ganzes Maßnahmenpaket bauen:

 

* Schmerzmedikamente

* Krankengymnastik

* physikalische Verfahren wie Massagen

* alternative Heilverfahren wie Akupunktur

* Entspannungsverfahren

* psychologische Begleitung

 

Ziel der Schmerztherapie bei chronischen Schmerzen ist unter anderem, dass der Fokus wegrückt vom Schmerz. Um den dreht sich nämlich das Leben vieler Schmerzpatienten – und macht es so noch leidvoller. Das ist nämlich bei Schmerzen wie bei allem, worauf man seinen Fokus legt: Du nimmst sie intensiver wahr. Das Phänomen kennst du vielleicht, wenn du gerade verlassen wurdest. Plötzlich sieht man überall turtelnde Pärchen und fühlt sich gleich noch mieser – dabei sind es wahrscheinlich nicht mehr oder weniger als vorher.

Mit dem neuen Fokus entziehst du auch dem Schmerz seine Macht, indem du ihm nicht mehr so viel Raum in deinem Leben gibst. Das Schmerzgedächtnis überschreiben kannst du zum Beispiel, indem du dich mit Elan in ein neues Hobby stürzt. Damit die chronischen Schmerzen dir dabei nicht im Weg stehen, verschreibt dir dein Arzt einen entsprechenden Medikamentencocktail für den Anfang.

Nun kann es losgehen: Nach und nach verlernt der Körper den Schmerz, den er einmal erlernt hat. Wichtig ist dafür genau wie eingangs bei der Entstehung: wiederholen, wiederholen, wiederholen. Das Schmerzgedächtnis zu löschen braucht also Zeit.

 

Bildung des Schmerzgedächtnisses vermeiden

 

Besser und einfacher ist es natürlich, erst gar nicht die Entstehung chronischer Schmerzen zu provozieren. Wenn du also öfter unter heftigen Schmerzen – etwa bei Migräneattacken – leidest, solltest du diese schnell, konsequent und effektiv behandeln lassen. Am häufigsten entsteht ein Schmerzgedächtnis nämlich dann, wenn Schmerzen unzureichend oder gar nicht behandelt werden.

Wichtig ist auch hier: Medikamente allein retten es nicht. Je nach Ursache sollest du weitere Waffen im Kampf gegen den Schmerz auspacken – etwa Entspannungstechniken gegen Migräne oder Physiotherapie gegen Rückenschmerzen. Hier ist Initiative gefragt. Verlässt du dich nämlich zu sehr auf die bequemen Pillen, können die Schmerzmittel selbst nämlich ironischerweise auch zu Schmerzen führen. Und da wären wir dann wieder bei chronischen Schmerzen und dem Schmerzgedächtnis …

 

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