Mann und Frau bei einem Date

Sex und Soda: Horror-Dates – von Schwindlern und fragenden Händen

Die fragende Hand

Manchmal spielen meine Hormone verrückt und dann möchte ich einfach nur Sex. So auch an diesem tristen Novemberabend. Auf keine meiner sporadischen Affären hatte ich Lust und tinderte mich durch den Abend. Mit einem Mann schrieb ich ganz nett hin und her. Und da lag der Fehler. „Ganz nett“ reicht nicht. Verblendet von Langeweile und ungeduldiger Libido machte ich direkt am selben Abend ein Treffen bei ihm Zuhause aus. Keine besonders schlaue Idee. Wir wollten etwas zu essen bestellen und danach eine Serie schauen. Schon als er mir die Tür öffnete, war klar: Das wird heute nichts. Er war nicht unattraktiv, doch an seiner Körpersprache und Stimme merkte ich, dass er eindeutig zu schüchtern für mich war. Wir bestellten eine schlechte Pizza. Auf die sechs Euro bestand er sofort. Danach führten wir ein wenig Smalltalk und ich merkte, dass ich es mir auch nicht mehr schönreden kann. Er war in meinen Augen kein interessanter Mensch. Er schaute oder las nie Nachrichten, wohnte in einer von seiner Mutter eingerichteten Wohnung und lachte nervös über meine Witze, die keine waren. Doch ich wusste einfach nicht, wie ich gehen sollte. Danach machten wir eine Folge „The Crown“ an. Und so eine Folge kann unfassbar lang sein. Ich saß auf der einen Seite der Couch, mein Weinglas hielt ich fest umklammert in beiden Händen. Alles an meiner Körperhaltung schrie: „Ich will hier nicht sein. Bitte komm nicht näher.“ Doch das schien ihn nicht zu interessieren und er setzte sich nah zu mir. Und zu allem Überfluss legte er seine Hand flach auf meinen Oberschenkel. Ich konnte nicht mehr atmen und schaute ihn nicht mehr an. Zu groß war die Gefahr, dass er mich küsst, sobald ich auch nur den Kopf drehe. Also saß ich 54 Minuten lang stillschweigend da, seine fragende Hand auf meinem Bein und Fluchtgedanken im Kopf. Nachdem die Folge endlich vorbei war, sagte ich: „So, ich packs dann jetzt. Muss morgen früh raus.“ Als wäre das jemals wahr. Wenn mir jemand gefällt, bleibe ich 48 Stunden mit ihm wach. In seinem Gesicht las ich die pure Enttäuschung. Zwei Tage später schrieb ich ihm, dass der Funke bei mir nicht übergesprungen sei.

Wie befreie ich mich?

Tatsächlich kann man schon viel vorbeugend machen, um Horror-Dates zu vermeiden. Und vor allem in Coronazeiten macht es Sinn, vorher zu telefonieren oder mindestens Sprachnachrichten zu verschicken. Hätte ich das mit den zwei oben genannten Männern gemacht, hätte ich mir einige Nerven und Zeit erspart. Gerät man doch mal in ein unangenehmes Date, finde ich es angebracht mindestens 60 Minuten auszuhalten. Und wer besonders ehrlich und mutig ist, sollte auch direkt sagen: „Sorry, für mich passt es leider nicht so ganz.“ Auch kann man sich mal in Erinnerung rufen, für wen man selber ein Horror-Date oder Ausrutscher war. Und selbst wenn alles schiefläuft, bleibt eines: Eine lustige Geschichte, die man als Eisbrecher beim nächsten Date erzählen kann.

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Bildquelle: Foto von cottonbro von Pexels; CCO-Lizenz