Gruppe von Studenten am Tisch

Studenten-Style: Der Druck, cool genug sein zu müssen

Oktober bedeutet jedes Jahr aufs Neue: Ersti-Woche an den Unis! Man hat die schwierige Aufgabe, zwischen all den wandelnden Klischees Gleichgesinnte zu finden. Dabei ist man heillos überfordert mit der Angst, nicht hip, stylisch oder belesen genug zu sein.

Ich erinnere mich noch sehr gut an meine Ersti-Woche als Bachelor-Studentin (oder besser gesagt: an meine beiden Ersti-Wochen, denn wie das eben so üblich ist, habe ich meinen ersten Bachelor-Studiengang natürlich abgebrochen). Vor allem erinnere ich mich bestens daran, wie sehr ich mich unter Druck gesetzt gefühlt habe.

Mittlerweile sind vier Jahre vergangen und ich bin wieder Ersti – dieses Mal allerdings im Master. Und ehrlich gesagt bin ich bisher im Glauben gewesen, dieser soziale Druck, irgendwie reinpassen zu wollen, sei eine reine Altersfrage. Klar, dass ich das damals so empfunden habe. Da war ich schließlich 19. Kein Ding, mit 23 sieht das bestimmt anders aus.

Aber: Fehlanzeige. Man muss immer noch socialisen. Connecten. Leute finden, mit denen es vibet. Wie die Student*innen sagen. Oder, wie die Profs auf altmodischem Deutsch zu sagen pflegen: sich vernetzen. Ich fand es erschreckend, festzustellen, wie stark ich noch immer das Bedürfnis habe, sympathisch auf Leute zu wirken, die ich noch nicht einmal kenne. Vielleicht nicht mehr so extrem wie damals – aber das Grundgefühl, reinpassen zu müssen, ist immer noch da.

Stil-Ikonen: Zwischen Verwahrlost, Berghain und Schickimicki

Angefangen natürlich dabei, dass alle Student*innen mehr oder weniger gleich aussehen. Zwar gibt es dahingehend Unterschiede zwischen den einzelnen Studiengängen, aber innerhalb ein- und desselben Faches tragen alle dieselbe Art Mantel, Sweater, Rucksack.

Beobachtet man BWL- oder Marketing-Studentinnen (in diesem Fall vermehrt die weibliche Form), ist kaum zu übersehen, dass sie auffallend schick gekleidet sind – jedenfalls, wenn man bedenkt, dass sie nur zur Uni gehen. Sie tragen körperbetonte Mäntel mit Taillengürtel, die ihre Oberschenkel bis kurz über den Knien bedecken, dazu Feinstrumpfhosen in der Farbe Schwarz (bloß kein Anthrazit), einen kurzen Jeans-, Leder- oder Cordrock und darüber einen lockeren, eher grobmaschigen und natürlich farblich passenden Strickpullover. Nicht fehlen darf der Goldschmuck an Hals, Ohren und vor allem Fingern. Wahrscheinlich von Purelei oder einer anderen austauschbaren 0815-Instagram-Marke, die ihr komplettes Verkaufskonzept einzig und allein auf Influencer-Marketing aufbaut.

Unter Student*innen der Philosophie, Politikwissenschaft oder Psychologie sieht das Ganze natürlich anders aus: Die Tage des Fjällräven Kånken sind zwar (glücklicherweise) gezählt, aber an seine Stelle sind eine ganze Reihe anderer geistes- und sozialwissenschaftlicher vermeintlicher Mode-Must-Haves getreten. Eine*n Student*in der Geistes- und Sozialwissenschaften erkennt man zu allererst daran, dass man unsicher ist, ob es sich um eine*n Studierende*n besagter Fächer oder nicht doch um eine*n Obdachlose*n handelt. Weite Hosen aus seltsamem Stoff werden kombiniert mit ebenso weiten, sackartigen Sweatern, über die wiederum ebenso weite und ebenso sackartige Jacken geschichtet werden. Wichtig dabei ist, dass alles Vintage ist – oder zumindest so aussieht, denn manchmal sind neue vintageartige Klamotten schließlich günstiger als authentische Vintage-Klamotten vom Second-Hand-Laden.

Dann wären da natürlich noch die wahrscheinlich überall anzutreffenden, super-hippen Techno-Club-Gänger*innen, die – anders als im Berghain – in der Uni nicht in Schwarz, sondern in möglichst knalligen Farben anzutreffen sind und unbedingt aussehen wollen, als kämen sie mit ihren rot-blauen Skijacken und türkis-lila Fila-Sweatern straight aus den 80ern.