SWISS. Bild: Sony Music Germany

Swiss im Interview: „Linksradikaler Schlager“

Z: Diesen Anspruch merkt man ja auch an deinem Label Missglückte Welt, was eben kein klassisches Musiklabel, sondern eher schon eine Gruppierung ist. Ich würde es am ehesten mit Ruffiction (einer weiteren Rap-Gruppe mit sehr enger Fanbindung) vergleichen, was den Umgang miteinander anbelangt. Wie kam es dazu und war es von Anfang an so geplant?

S: Missglückte Welt war eigentlich schon immer eher eine Bewegung, schon bevor es das Label gab. Sie versteht sich schon als Hafen für Menschen, die ihre Probleme mit dieser Welt haben und wie in dieser Welt miteinander umgegangen wird; wie die Stärkeren auf den Schwächeren herumhacken und wie es nur darum geht, Profit zu generieren und selbst reich zu werden, während man alle anderen mit dem Ellenbogen zur Seite stößt. Die Missglückte Welt ist ein Hafen für diejenigen, die das nicht können, nicht wollen oder sogar daran zu zerbrechen drohen. Das ist das wichtigste – dass wir uns noch vor dem Label als eine Gemeinschaft verstehen.

Ich glaube schon, dass die Leute zum Großteil die Musik hören, aber am Ende zählt allein der Gedanke – und das Gefühl, auf Menschen zu treffen, die genauso fühlen wie du.

Z: Kannst du dir vorstellen, dass sich einige Fans von der EP und dem neuen Sound vor den Kopf gestoßen fühlen?

S: Das kann ich mir vorstellen, ist bestimmt so. Ist mir aber eigentlich egal. Ich hab mich nie als Dienstleister verstanden. Wenn ich Musik mache, dann weil ich gerade Bock drauf hab und mich im Moment so fühle. Da mach ich mir keine Gedanken, wie die Leute das finden werden. Natürlich hab ich mich schon gefragt, was die Leute denken werden, aber das steht erst ganz am Ende und hatte nie Einfluss darauf, ob ich etwas mache oder nicht mache. Ich bin keine Jukebox, in die du paar Euro reinschmeißen kannst und die dir dann die Musik oder das Album abspielt, auf das du immer gewartet hast. Wenn ich eine linksradikale Schlager-EP mache, dann weil es mir Spaß macht. Und nur weil ein*e Künstler*in mal etwas raushaut, was dir nicht so passt oder wo du eher enttäuscht bist, geht nicht gleich alles den Bach runter.

Man muss Künstler*innen auch mal zugestehen, sich immer wieder neu zu erfinden. Wie langweilig wäre es, wenn jedes Jahr das gleiche Album kommt?