Luke Kirby (Ted Bundy) und Elijah Wood (Bill Hagmaier) sitzen sich gegenüber. Bild: Central Film

TED BUNDY: NO MAN OF GOD – wie viel Böses steckt in dir?

Warum noch ein Ted-Bundy-Film?

Mittlerweile ist es über 30 Jahre her, dass Ted Bundy hingerichtet wurde. Zahlreiche Dokumentationen und Kinofilme wie „Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile“ mit Zac Efron haben das Leben und die zahlreichen Verbrechen, die Ted Bundy begangen hat, zur Genüge beleuchtet. Also, warum brauchen wir einen weiteren Film über die Verherrlichung eines brutalen Serienmörders? Weil dieser anders ist. „TED BUNDY: NO MAN OF GOD“ hat nicht die Intention, die Geschichte von Bundy aufzuarbeiten und ihn als Person zu glorifizieren. Vielmehr wird Bundy als unsicherer Narzisst dargestellt, als einfacher Mann, der seinen grausamen Vorlieben nachgegangen ist. Und nicht nur das: Der Film greift die Frage auf, wie viel böses Potenzial in jede*m von uns steckt. Auf den ersten Blick scheinen die beiden Männer unterschiedlicher nicht sein zu können. Der eine, ein angesehener FBI-Agent, der sich selbst als Person beschreibt, der andere vor Menschen wie Bundy beschützt – der andere ein verurteilter Serienmörder und Vergewaltiger. Trotzdem entwickelt sich im Laufe des Films eine Verbindung zwischen den beiden, die Bill Hagmaier daran zweifeln lässt, ob er und Bundy wirklich so verschieden sind, wie er zunächst angenommen hat. Als er anfängt, die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden zu akzeptieren, wird ihm immer bewusster, dass man manchmal nur eine persönliche Entscheidung davon entfernt ist, genauso zu werden wie die Menschen, vor denen man sich am meisten fürchtet.

Durchbrechen der vierten Wand

Besonders spannend und wahnsinnig ergreifend ist die Darstellung der Opfer von Bundy. Zwar geht es in erster Linie um die Repräsentation einer Beziehung zwischen zwei Männern, der Film versucht jedoch trotzdem das Leid abzubilden, welches viele Frauen durch Bundy erleben mussten – und das ohne blutige Gewaltszenen, sondern auf eine versteckte und unbehagliche Art und Weise. Immer wieder treten Frauen in dem Film auf, sei es eine Kollegin von Bill Hagmaier, eine Journalistin oder die Anwältin von Bundy. Zum einen repräsentieren die Frauen das schockierende, unbehagliche Gefühl, was in der Luft liegt, wenn die beiden Männer über die Gewaltexzesse von Bundy sprechen und was die Zuschauer*innen den ganzen Film begleitet, zum anderen finden durch sie die Opfer von Bundy unterschwellig Zugang zu dem Film. Die Regisseurin Amber Sealey wollte nicht zulassen, dass die Opfer in Bills Erzählung nicht vorkommen. Die Menschen sind so wahnsinnig fasziniert von grausamen Verbrechen, bei denen Körper verstümmelt und Leben ausgelöscht werden, dass die unschuldigen Frauen, die zur Zielscheibe von eben diesen Taten wurden, einfach vergessen werden.

Am Ende durchbricht der Film die vierte Wand, indem die Frauen des Films nicht mehr mit Bill Hagmaier oder Ted Bundy interagieren, sondern das Publikum direkt anschauen. Der Blick ist klagend und soll das unterstreichen, was Amber Sealey bei der Produktion zum Ausdruck bringen wollte: Warum erinnert ihr euch an den Namen meines Mörders, aber nicht an meinen?