„Third Places“: Darum brauchen wir alle einen „dritten Ort“

Gibt es „Third Places“ heutzutage noch?

In seinem Video führt Cole Kraten, @colethesciencedude, das Verschwinden des sogenannten „dritten Ortes“ darauf zurück, wie teuer es ist, etwas außerhalb des Hauses zu tun. Und er hat nicht Unrecht. Bei der Frage, welche Orte sich als „Third Places“ qualifizieren, kommt seit Jahren Kritik an Oldenburgs Theorie auf. Oft wird infrage gestellt, ob offensichtliche „Third Places“ nicht in erster Linie dem Konsum dienen und diesbezüglich ihren Sinn verfehlen.

Cafés und Bars sind die offensichtlich teuersten Orte, da man sich dort nicht über einen längeren Zeitraum aufhalten kann, ohne etwas zu kaufen. Selbst Orte wie Kirchen sind manchmal kostspielig, da sie von Mitgliedern oft eine Spende erwarten. Dabei sollen „dritte Orte“ nach Oldenburgs Theorie zugänglich sein, ein Ort der menschlichen Verbindung, doch letzten Endes sind diese Orte für viele Menschen nicht zugänglich, da sie nicht ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung haben. 

Da der gesellschaftliche Trend dahin geht, dass wir unsere Zeit produktiver und gewinnorientierter nutzen, werden dritte Orte zudem entweder als Zeitverschwendung angesehen oder für andere Zwecke als die Herstellung von Kontakten genutzt – wie zum Beispiel die ehrenamtliche Arbeit in einem Gemeindezentrum, um den eigenen Lebenslauf aufzupeppen. Die Theorie von Ray Oldenburg ist in unserer heutigen Gesellschaft daher nur noch schwer umsetzbar. Viele Innenstädte klagen darüber, dass Cafés und Restaurants schließen.

Das Kontinuum aus Zuhause und Arbeit kann jedoch auch heute unterbrochen werden: Es gibt nach wie vor dritte Orte, an denen der Konsum nicht im Vordergrund steht. Beispielsweise öffentliche Bibliotheken, Badeseen oder eine Sportgruppe. Außerdem hat heutzutage fast jeder selbst die Möglichkeit, wieder vermehrt „Third Places“ zu kreieren. In den Jahrzehnten, seit Oldenburg den Begriff geprägt hat, haben Online-Communities reale dritte Orte ersetzt. Sei es das nächste Fifa-Online-Game oder ein Server, auf dem sich „Harry Potter“-Fans austauschen: Das Internet bietet für viele diesen Rückzugs- und Wohlfühlort.

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Bildquelle: Rachel Claire via Pexels; CC0-Lizenz