Jung, stolz, schön: Wie ukrainische Frauen fetischisiert werden

Wenn das Begehren basierend auf einer speziellen Frau entsteht, die man durch das Helfen kennenlernt, dann ist das die eine Sache. Das Begehren aber vor das Helfen zu stellen und nur helfen zu wollen, weil man eine Masse an Frauen begehrt, von denen man keine Gesichter kennt, sondern nur weiß, dass sie aus der Ukraine kommen, ist etwas völlig anderes.

Noch amüsanter wird es, wenn man Frauen einfach als Ukrainerinnen bezeichnet – schlichtweg weil sie „osteuropäisch“ aussehen.

Ukrainerinnen, Russinnen oder Polinnen…?

„Guck mal, die Ukrainerin da hinten steht auf dich“, höre ich einen Typen neben mir zu seinem Kumpel sagen. Ich will ihm keinen bösen Willen unterstellen. Dennoch habe ich mich gefragt: Woher will er wissen, dass diese Frau Ukrainerin ist?

Es stellte sich heraus: Er wusste es offenbar gar nicht. Denn durch Zufall bin ich später noch mit eben jener Frau ins Gespräch gekommen, und sie hat mir auf völlig akzentfreiem Deutsch erzählt, dass sie aus Frankfurt kommt – genau wie ihre Familie.

Dass es Merkmale gibt, die nahelegen, dass jemand aus einem bestimmten Raum stammt, lässt sich vermutlich nicht leugnen. In unserem Kopf verknüpfen wir geographische Räume automatisch mit bestimmten optischen Eigenschaften. Wenn von Spanier*innen die Rede ist, wird sich vermutlich kaum jemand viele Menschen mit blonden Haaren und heller Haut vorstellen. Andersherum verbinden mit dem Wort Skandinavier*innen wohl die Wenigsten eine Gruppe von Leuten mit schwarzen Haaren und dunklerer Haut.

Für osteuropäische Menschen gibt es natürlich ähnliche stereotypische Vorstellungen. Männer haben markante Gesichtszüge und eine große, krumme Nase. Osteuropäische Frauen sind blond, haben blaue Augen, laufen stets einen Ticken aufrechter als Frauen aus anderen Regionen der Erde, da sie sehr stolz sind. Sie sind stark geschminkt, tragen sorgfältig ausgewählte Kleidung, die traditionell und schick zugleich ist.

Und trotzdem: Woher will man wissen, dass eine Person aus einem bestimmten geographischen Raum stammt? Und noch extremer: Woher will man wissen, um welches Land es sich dabei genau handelt? Wie kann man einfach sicher davon ausgehen, dass eine Frau, die optisch vielleicht in das stereotypische Bild einer Osteuropäerin passt, Ukrainerin ist?

Egal, alles dasselbe

Unabhängig davon, dass sie natürlich auch Deutsche sein oder aus einem komplett anderen Gebiet der Erde stammen kann, gibt es in Deutschland schließlich auch viele Frauen aus Polen, Russland, Tschechien, Rumänien und etwaigen anderen osteuropäischen Staaten.

Diese Frauen jetzt einfach alle als Ukrainerinnen zu bezeichnen, weil „ist ja eh dasselbe“, ist kein respektvoller Umgang – weder mit ukrainischen Frauen, noch mit anderen osteuropäischen Frauen, noch mit Frauen im Allgemeinen.

Auch ich habe übrigens schon öfter gehört, dass ich osteuropäisch aussehe. In dieses Bild passt mein Name Katja dann natürlich noch ganz gut rein. „Bist du Russin?“, werde ich immer wieder gefragt. Und, Überraschung: Nein, bin ich nicht.

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Bildquelle: Алесь Усцінаў on Pexels; CCO-Lizenz