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White Savior Complex

Apropos Retter*innenkomplex: Was war das nochmal? Der Begriff „White Savior Complex“ wurde von Teju Cole geprägt und beschreibt ein Phänomen, bei dem sich Menschen aus dem Globalen Norden, insbesondere Weiße, berufen fühlen, in Ländern des Globalen Südens Entwicklungs-, Aufklärungs- oder Hilfsarbeit zu leisten. Obwohl dies anfangs sicherlich aus altruistischen Absichten geschieht, verfehlt es oft die eigentliche Intention. Viele Abiturient*innen entscheiden sich nach der Schule, für einige Wochen oder Monate in Länder des Globalen Südens zu reisen, um dort freiwillig zu arbeiten. Das Problem dabei ist, dass sie oft ohne ausreichende Qualifikation und Kenntnisse über die lokalen kulturellen Strukturen in spezifische Projekte vor Ort eingebunden werden. Dort übernehmen sie dann häufig Machtpositionen, die den Einheimischen anscheinend nicht zugeteilt werden.

Rassistische und koloniale Weltbilder

Bewusst oder unbewusst beinhaltet der White Savior-Komplex die Überzeugung, dass ihre Herkunft, Erziehung und Bildung im Globalen Norden ihnen das Recht, das Wissen und die Legitimation verleihen, andere Menschen „aufzuklären“ oder zu „retten“. Diese Vorstellung der Überlegenheit basiert auf rassistischen und kolonial geprägten Weltbildern, die bis heute bestehen bleiben. Die Annahme, dass der Westen im Vergleich zum Globalen Süden weiterentwickelt und überlegen ist, führt zu dem falschen Glauben, Gesellschaften im Globalen Süden nach westlichen Maßstäben zu formen. Dabei wird oft übersehen, dass soziale Probleme oder Ressourcenknappheit in Ländern des Globalen Südens oft direkte Folgen der Unterdrückung und Ausbeutung durch den Kolonialismus des Globalen Nordens sind. Die daraus resultierende Vorstellung einer weißen Verantwortung wird oft fehlinterpretiert.

Wer dennoch freiwilliges Engagement zeigen möchte, sollte sich vorher mit dem Weltgeschehen außerhalb Europas auseinandersetzen und die koloniale Geschichte reflektieren. Es ist wichtig, sich zu informieren, ob Spendenaktionen und Projekte transparent handeln und ob sie direkt Projekte vor Ort unterstützen.

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Bildquelle: MI PHAM via Unsplash; CC0-Lizenz